Superwetter am ITV und am Gebaberg (Rhön)

Von Donnerstag, dem 5. Mai, bis Sonntag, den 8. Mai

Schon am Wochenende zuvor hatte sich auf den meisten Wetterseiten abgezeichnet, was ab Mitte der Woche in weiten
Teilen Mittel- und Süddeutschlands Realität werden sollte: Es kam zur sprichwörtlichen "Schönwetterkatastrophe", eine
in der Beobachterszene gleichmaßen ersehnte wie - wenn sie länger anhält - bisweilen auch wieder "weggewünschte"
Wetterlage ;-) Zumal das bei den "Hardcore-Spechtlern" nur heißen konnte: Die ganze Nacht klaren Himmel, intensive
nächtliche Beobachtungen bis in den Morgen hinein, und eine ziemliche Übermüdung am Ende der Party. Bei mir war
es nicht anders, zumal morgens die Sonne bald auf das Zelt brannte, und sich selbiges dann schnell in einen Backofen
verwandelte; ich hab dann draußen im Schatten des Autos mit Ohrstöpseln jeweils noch ein bissl zusätzlichen Schlaf
ergattern können.

Zwei Nächte am ITV in Gedern

Das war vom Wetter und vom Sternenhimmel her das beste ITV, was ich bisher am neuen Standort in Gedern erlebt habe.
Ich zitiere den erfahrenen Beobachter Timm Klose: "Ich war die Woche beim ITV, wo es insgesamt 6 gute Nächte gab.
Ein Rekord für das ITV, wo es bekanntermaßen mehr regnet als sonst wo! Ich habe einige Nächte SQM 21,50 gemessen,
also recht gut." Allerdings, und für einen Standort, bei dem die Lichtglocke von Frankfurt noch spürbar hineinleuchtet, sind
das schon ganz außergewöhnliche Werte ! Bis Samstag mittag wurden für das ITV von offizieller Seite etwa 480 Teilnehmer
gezählt, die sich über das langgesteckte Areal verteilten.

Am Freitag in unserer Ecke

v.l. Friedhelm, Thomas u. Ben; re. Thomas' 12-Zöller

Mit meinem alten Freund Friedhelm Hübner hatte ich ausgemacht, dass wir uns Donnerstag am ITV treffen, um unsere Zelte
erneut wieder mal im hintersten Teil des Platzes aufzuschlagen. Zu uns gesellte sich dann noch Thomas, Friedhelm's Spezl vom
"Rhein-Main-Taunus" Stammtisch, der im Astroforum auch als "Klotzi" bekannt ist; er hatte seinen 12-Zöller im Gepäck. Ich hatte
wieder "nur" meinen alten 10-Zoll Coulter Dobson dabei, da ich von vornherein vorhatte, nächtens viel auf dem Platz unterwegs
zu sein: Um bei alten Bekannten am Astrobuffet zu naschen, an teils sehr großen Fernrohren, und bei Bedarf beim Einstellen
der Objekte mitzuhelfen. Beobachtung und Ratsch kombiniert, also das, was man unter lockerem Spechteln versteht ;-)

Erste Nacht: Thomas an meinem 10-Zöller

Nachts in unserer Ecke des Platzes


Thomas und ich verglichen den Eindruck einiger Kugelhaufen - wie M3 und M13 - in unseren Dobsons, und wie erwartet
machten sich die zwei Zoll Öffnung mehr an seinem Fernrohr schon klar bemerkbar. Friedhelm hat in beiden Nächte viel
fotografiert, er hat zum Thema Astrofotografie eine eigene Homepage. Für die zweite Nacht auf Samstag kam dann noch
Tobbe, auch ein langjähriger Sternfreund von Friedhelm, mit seinem 20-Zöller vorbei; damit haben wir uns noch einige
schöne Frühlingsgalaxien angesehen. Insgesamt hatte die erste Nacht das etwas bessere Seeing, dafür zogen gegen
Ende der Nacht aber auch ein paar Zirren durch.

Zweite Nacht: Friedhelm beim Fotografieren am 105 mm Refraktor ...

... und Tobbe an seinem 20-Zöller


Auf nächtlicher Wanderschaft ...

Den größeren Teil beider Nächte war ich aber auf dem Platz unterwegs, in der ersten Nacht u.a bei Raffael und Kai,
und in der zweiten Nacht u.a. beim Jörg. Raffael hatte an seinem 30-Zöller wie üblich einen Kreis photonenhungriger
Gäste angelockt, die auf astronomische Spezereien im großen Fernrohr aus waren. Es wurden u.a Jupiter mit tollem
GRF und der prächtige Kugelhaufen M5 gereicht.

Am 30-Zöller: Raffael Benner stellt ein ...

... und Michel staunt am Okular


An den großen Fernrohren von Kai und Jörg fand sich jeweils eine kleine, teils wechselnde Gruppe ein, die dort über
etliche Stunden beobachtet hat. Hier traf ich u.a. Martin Brückner, der auch bei uns an der VSW aktiv ist; er hatte zwar
seinen 18-Zöller dabei, guckte nächtens aber auch gerne bei den Nachbarn vorbei. Später stießen jeweils Friedhelm und
Thomas - in der zweiten Nacht auch Tobbe - noch zu uns dazu. Wir waren eine lockere Runde meist etwas älterer Herren ;-)
Und da wurde über dieses und jenes Thema aus der Astroszene geratscht, geplaudert und gefrotzelt, und es wurden auch
amüsante Anekdoten aus vergangenen Tagen gereicht - Hans Georg hätte seine wahre Freude gehabt. Sollte jetzt aber ein
falscher Eindruck entstehen: Wir haben auch konzentriert gespechtelt, und beim Einstellen war ich mit dabei. Für mich
also nicht nur Rumstehen und Gucken, sondern auch memorierte Pfade abrufen plus bissl Astrogymnastik ;-).

An Kai's 33-Zöller, in der ersten Nacht, hatten wir beide aktuellen "Deep Sky Objekte des Monats" aus dem Astrotreff drin:
Einmal Reiner's Gruppe der drei schmalen edge-on Galaxien um NGC 4216, die aufgrund ihrer Position im Südwesten aber
vom Lichtdom von Frankfurt beeinträchtigt wurden. Zum anderen Hajü's Galaxie NGC 3310, die dagegen noch recht hoch im
Nordwesten stand, bei viel dunklerem Himmel: Klar zu erkennen war für mich der Spiralarm auf der Ostseite, der nach Norden
zeigt, ein Detail, das auf Uwe Glahn's Zeichnung links zu sehen ist. Und damit auch die Einbuchtung zwischen dem Arm und
dem Zentrum; ansonsten erschien die Galaxie bei 700-facher Vergrößerung unruhig gemottelt, was ich aber nicht im Detail
definieren konnte. Ganz toll war wieder mal die "Zigarre" M82 mit ihren "zerfetzten" Details, außerdem haben wir uns im
Zentrum des Virgo-Galaxienhaufens umgesehen, desgleichen im 300 Mio. Lichtjahre entfernten Coma-Galaxienhaufen.
Tolle Details auch im "Eulennebel" M97, und ganz besonders in Cirrus- und Crescentnebel mit OIII-Filter - grandios !

Am 33-Zöller: Mit Kai (Mitte) in der Gruppe ...

... und Jörg am Okular


In der zweiten Nacht haben wir an Jörg's 25-Zöller auch etliche großartige Objekte eingestellt: Ganz toll die Galaxien
M51 - wunderschöne Spirale - , NGC 4631 und NGC 4656 ("Fisch" und "Haken", viele Knoten), die schmale "Nadel"
NGC 4565 mit dem dunklen Staubband, M64 mit markantem "Black eye", die "edge-on" NGC 4244 - schmal genug,
um als "superthin" zu zählen - und M99 mit ihrer Spiralstruktur. Dazu noch zahlreiche kleine Fleckchen im 500 Mio.
Lichtjahre entfernten Herkules-Galaxienhaufen, der ist mir über die Jahre recht vertraut geworden. Und Hickson 68
(um das Galaxienpaar NGC 5353/5354) und Hickson 44 (um die Galaxie NGC 3190) - zwei Gruppen von Galaxien.
Und beim Ringnebel M57 blitzte der Zentralstern immer wieder deutlich auf.

Am 25-Zöller: Jörg Peters an seinem Fernrohr ...

... und Martin am Okular - mit Jupiter und Frankfurter Lichtdom


Und am Tag ...

Tagsüber habe ich etliche bekannte Gesichter gesehen, manche Leute treffe ich gewöhnlich nur hier, oder nur hier und
am ITT - wie etwa Christian aus dem Chiemgau und Matthias aus Köln. Und ein netter Ratsch mit Anderl, Astrohändler
und früher hauptamtlich an der VSW München aktiv. Zwei Besuche bei Timm führten dann zu ausgiebigen Plaudereien,
etwa über den Südhimmel und die Vorzüge diverser Astrofarmen, und Timm erzählte aus seinen alten Münchner Tagen -
anno Tobak in den 70ern, noch vor meiner Zeit an der VSW München: Timm hat das Sudelfeld 1971 für die Spechtlelszene
"entdeckt", als den anderen der Gedanke an einen Beobachtungstrip in die Alpen noch recht fern lag - man hat damals nur
im Münchner Umland beobachtet. Ansonsten spielte auch mal eine Band, und natürlich war auch MASH wieder mit dabei -
also alles griabig wie immer, nichts wirklich Neues unter der Sonne ;-)

Am zentralen Verbindungsweg des Treffens ...

... und oben bei Kai, Jörg und Martin - so sah es dort bei Tag aus


Und Freitag abend gab es das übliche Abendessen im Lokal am See, mit Friedhelm, Thomas und Martin. Martin und ich
hatten uns für die Nacht Samstag/Sonntag zu einem Trip zur Hohen Geba entschieden, um dort in der Rhön zu spechteln,
während die anderen am ITV blieben. Bevor ich am frühen Samstag nachmittag aufbrach, habe ich mir vorher allerdings
die "Prämierung der Selbstbauteleskope" nicht entgehen lassen, alljährlich ein zentrales Ereignis am ITV:

Preisrichter Uli Zehndbauer prämiert den Helm mit integriertem Feldstecher ...

... um damit die Hände frei zu haben, meinte der Erbauer

... und das originelle Bino von Michael -

einem Bekannten v. Friedhelm, der die Prämierung aber verpasste


Samstag: Abstecher nach Stumpertenrod

Auf dem Weg zur Rhön habe ich einen Umweg in Kauf genommen, um dem alten ITV-Standort in Stumpertenrod
mal wieder einen Besuch abzustatten. Seit 2006 gibt es dort eine eigene Sternwarte, die "Sternenwelt Vogelsberg",
das ist mittlerweile auch ein beliebter Treff für Beobachter. Und auf seine Einladung hin habe ich Walter Kutschera -
dem früheren Veranstalter des ITV - einen Besuch abgestattet, und dabei auch seine schöne Privatsternwarte gesehen,
nebst gemütlichem Ratsch im Gartenstuhl :)

Am Standort der "Sternenwelt Vogelsberg" in Stumpertenrod

Walter zu Hause an seinem 20-Zöller


Eine Nacht am Gebaberg in der Rhön

In den beiden Nächten am Schwarzen Moor im letzten Herbst habe ich selbst erlebt, was für ein guter Standort die Rhön
für Beobachter ist - eine Dunkelinsel mitten in Deutschland. Und als neulich im Astrotreff über den Ausbau der Hohen Geba
für die amateurastronomische Beobachtung berichtet wurde, entstand bei mir die Idee, den Besuch beim ITV mit einer Nacht
dort zu kombinieren. Die Standorte liegen nicht allzu weit auseinander, während ein extra Trip von München in die Rhön
einfach gut 400 km bedeuten würde. Der Gebaberg liegt bereits in Thüringen, und war vor der Wende als früherer
Horchposten der sowjetischen Armee lange Zeit für die Öffentlichkeit unzugänglich.

Ein kleines Sträßchen führte mich am frühen Abend auf den 750 m hohen Gipfel, und oben traf ich mehrere Beobachter an,
die sich an den eigens dafür errichteten Standplätzen (mit Windschutz und Stromversorgung) eingerichtet hatten - darunter
ein sehr netter Vertreter des "Sternenparks Rhön", der mir gleich einige nützliche Infos geben konnte. Es gibt oben eine
Gaststätte, und in Rücksprache mit dem Wirt kann man auf Teilen des Areals auch zelten.

Auf dem Gipfel: Ben und Martin

Ein tolles "Panoramafenster" nach Süden und Südwesten


Vom Gipfel des Gebaberg hat man eine wunderbare Aussicht zum Thüringer Wald und zu den höchsten Bergen der Rhön.
An meinem Beobachtungsplatz etwas unterhalb der Stellplätze hatte ich einen sehr freien Horizont vor allem nach Süden
und Südwesten hin, was auch beim Spechteln ein Gefühl der Weite vermittelte. Einige alte Kasernen im Osten bieten einen
gewissen Schutz gegen den Wind: Das war der einzige Nachteil dieser Nacht, der stärkere Wind - die offenen Hochlagen
der Rhön sind dafür natürlich anfälliger als geschützte Lagen im Tal, dafür begünstigt die Gipfellage aber gutes Seeing.

Die Nacht

Vorab zitiere ich aus Martin's Beitrag im Astrotreff:

"Der Himmel ist deutlich besser als in Gedern (klar). Sowohl von der Grenzgröße her (um Polaris sah ich 6m3), als auch vom
Seeing her. Uns hat es da oben sehr gut gefallen und wir haben auch ein paar sehr freundliche Leute aus der Region getroffen.
Leider war bei mir, auch durch den stetigen Wind und den Schlafmangel durch die Schönwetter-Katastrophe auf dem ITV,
etwas die Luft raus. Ich war am Samstag spät mittags auf dem ITV losgefahren und habe erst noch 400km Fahrstrecke und
einen Verwandtenbesuch dazwischen geschoben, bevor ich gegen 22 Uhr auf der Hohen Geba ankam. Trotzdem haben wir
ein paar interessante Objekte beobachtet und unter anderem auch Mars und Saturn recht schön beobachten können."

Martin war neugierig auf meinen 10-Zöller, wie die Objekte mit dieser Öffnung so aussehen, und so haben wir eine ganze Weile
die Fernrohre getauscht. An seinem 18-Zöller war ich vor allem in den Jagdhunden unterwegs, grob in der Gegend der Galaxie
M106, und bin dort einige Areale aus dem Gedächtnis abgefahren; zum Aufsuchen schwacher Teile über exaktes Starhopping
hatte ich nach dem ITV und bei dem Wind auch nicht mehr die rechte Energie. Sehr interessant war dann ein Besuch bei zwei
anderen Beobachtern, die mit 18- und 20-Zoll angereist waren, und sich an anderer Stelle jenseits einer ehemaligen Kaserne
aufgestellt hatten. Dort haben wir u.a. M61 (tolle Spiralstruktur), die edge-on Galaxie NGC 5746 (mit Staubband), NGC 6888
(der Crescentnebel) - und den hellen Gasnebel M17 genauer unter die Lupe genommen. Im 20-Zöller haben wir bei bis zu 500x
noch einmal Hajü's Objekt NGC 3310 eingestellt - die Eindrücke waren ähnlich wie ich sie schon an Kai's Fernrohr beschrieben
habe: Mit Arm im Osten und einer gemottelten Oberfläche im hellsten Teil.

Das ist wirklich ein schöner Standort, mit dunklem Himmel und viel freiem Horizont, und bei guter Infrastruktur - inklusive
Zeltmöglichkeiten :) Ich habe nicht explizit nach der visuellen Grenzgröße geschaut, am Schwarzen Moor im Herbst hatte ich
den Himmel auf fst = 6.8 bis 6.9 mag geschätzt (blickweise mit indirektem Sehen), und das dürfte hier ähnlich gewesen sein.

Martin hier an seinem 18-Zöller, und dort an ...

... meinem 10-Zöller - rechts sein Leichtbau-7-Zöller



Zurück zur Hauptseite