Zwei Beobachtungen im Allgäu und am Auerberg

Der Feiertag Christi Himmelfahrt fällt - weil nach Kalender an Ostersonntag gekoppelt, und immer fünf Wochen
und vier Tage später gelegen -, stets auf einen Zeitraum relativ nahe an Neumond. Dieses lange Wochenende nehme
ich mir traditionell frei, und der Himmel sah auch für Südbayern vielversprechend aus.

Haley und ich hatten schon länger mal wieder ein gemeinsames Beobachten bei ihm im Allgäu angedacht, zumal ich
seinen neuen 24-Zöller "Johann" noch nie in Aktion gesehen hatte. Die Nacht auf Freitag taugte Haley gut, die nächste
weniger, weil er Samstag wieder in die Arbeit musste. Und beidesmal sahen die Wetterprognosen gut aus: So plante
ich, die erste Nacht im Allgäu, und die zweite - schon am Rückweg - mit dem Fünfling am Auerberg zu spechteln.


Eine Nacht im Allgäu

Mit Gabi und Haley - Nacht von Donnerstag auf Freitag, 9./10. Mai 2024.

Gabi im Garten

Haley baut den 24-Zoll "Johann" auf

Aus Haley's Bericht

Haley hat das alles sehr gut dokumentiert, und ich gebe ihm - bis auf ein paar eingestreute Kapitelüberschriften -
für die ganze Nacht das Wort:

"Ben kommt kurz vor 17 Uhr und es wird erstmal geratscht. Noch ist es teils üppig bewölkt, aber die Prognosen sind
gut, so wird bald der Johann, der jetzt tatsächlich etwa ein halbes Jahr wegen meist schlechtem Wetter oder ungünstigen
Arbeitszeiten nicht zum Einsatz kam, aus seinem Kabuff rausgerollt. Da müssen erstmal die Reifen wieder aufgepumpt
werden, na dafür hat man ja einen Kompressor. In der Hütte ist ein Wespennest am Entstehen, das wird nebst Königin
kurzerhand ins Spitzdach des leeren Hasenstalls vorm Gewächshaus umgesiedelt, damit alle ungestört weiter ihren
Aktivitäten nachgehen können. So darf sich der dicke Johann schon mal ein wenig akklimatisieren. Wir machen derweil
gemeinsam eine Katzenrunde, für Ben auch ein Gewinn, denn der mag die Natur ähnlich wie wir. Zum Abend dräuen noch
Wolken, aber ich beginne noch vor Sonnenuntergang mit der Montage vom Johann, ist auch gut so, denn der Fangspiegel
begehrt die Justage und später dann natürlich der Hauptspiegel auch. Dazwischen gibts erst mal Abendessen. Eigentlich
wollten wir ja Grillen, aber bei ca 8° ists einfach zu kühl, man ist ja temperaturmäßig noch von den Tropen verwöhnt.

Nach dem Abendessen ist es zwar schon recht dunkel, hat aber immer noch Restwolken. Dafür prangt tief die kleine,
eintägige Mondsichel über dem Horizont, die wir uns schnell im Papilio geben, damit das hier offiziell eine Nacht ist.
Nach der Justage des Hauptspiegels schiebe ich den Johann zum Polarstern, um das Ergebnis dieser Arbeit zu begutachten.
Es schaut gut aus, Polaris prangt gleißend mit seinem Begleiter im 21er, dann im 13er Ethos. So, noch den Sucher justieren
und es kann richtig losgehen. "

Es geht gleich zu M81/M82 und in den Löwen

"M81 und M82 stehen noch günstig. Es gibt noch Restwölkchen, die stören aber kaum. Im 21er schaut es schon richtig knuffig
und derb aus, beide gehen ja fast ins Feld des 21er Ethos, schon grandios. 3077 nehme ich natürlich mit, was für ein feister,
ovaler Klecks. Im 13er bekommt das alles mehr Struktur und das explosive Innenleben von M82 schält sich bei V=380x mehr
und mehr heraus. Da kommt das 6er Ethos zum Einsatz, das das chaotische Innere der Zigarre gänzlich enthüllt. 2903 und damit
der Löwe steht schon im Westen ... 2903 also, im 13er zeichnet gut die S-Form der Spiralansätze mit dem hellen Kernbereich.
Bin immer ein wenig erstaunt, wie anders die Galaxis im Johann wirkt, als im Vergleich z.B. zum [13-Zoll] Bismarck. Weiter
mit HCG 44, also dem Olliecluster um 3190. Sofort zeichnen alle vier Galaxien im 13er Ethos, 3187 als schöner zarter Strich
und 3185 als recht großer, diffuser Fleck. Schnell zum 6er und 3190. Ich sehe die Kante des Staubbandes am Kern, hübsch
häßlich. Das 6er scheint etwas zum Beschlagen zu neigen. Wir verlagern uns zu M65, M66 und 3608. Zuerst die Hamburger
Galaxie. Sofort zeichnet markant das große Staubband und die Puschel an den Enden der Galaxis, wo sich die Struktur etwas
auffächert. M66 prangt sofort mit dem markanten Spiralarm, alles schön hell und todesfeist, ist schon grenzgenial diese Gruppe."

23:14 MESZ: Der 24-Zöller unter dem kippenden Löwen


Rund um den Virgohaufen plus Supernova und Komet

"Jetzt 4216 mit der SN 2024gy. Die Galaxis ist schön, satt elongiert eine schöne, lange Spindel mit Staubband und einem hellen
Stern in Kernnähe. Die SN hat ca 15.2mag Wir probieren neben dem 13er und 6er Ethos auch das 9er Nagler, hiermit scheints
mit am besten zu sein. Ben und ich können die SN aber nicht ganz eindeutig festnageln. Mehrmals sehe ich an der richtigen
Stelle eine Aufhellung, die ein bisserl wie ein Knoten in der Spiralstruktur wirkt, aber da ist ja nur die SN, Einmal blitzt es
wirklich dort auf. Insgesamt also recht grenzwertig diese Sichtung.

Als Kontrast etwas, was über alle Zweifel erhaben ist: M104! Ja, da prangt der Staubstreifen, der Sombrero ist weit elongiert, ein
grandioses Display, sowohl im 21er und erst recht im 13er Ethos. Jetzt schauen wir mal beim Kometen C2023 A3 Tsuchinshan-
ATLAS vorbei. Der ist im 13er überraschend schnell gefunden und ziemlich knusprig, trotz der gelisteten 10.4mag Helligkeit.
Im 21er ist er noch kompakt, knuffig, im 13er schon markant mit Kern und Koma und Schweif, der ca 10‘ bis 15‘ haben dürfte.
Cool und rhododendronfeist!

Wir gehen rauf zum Virgohaufen. Ich steige gewohnheitsmäßig bei Rho Vir ein, Ben erzählt mir, dass er [meist] bei 6 Com reingeht.
Also bei Rho rein, da wimmelt es ja gleich, ´4608 und 4596 fallen da schön elongiert auf. Nach kurzem Rühren lande ich bei 4567
und 4568, den Siamese Twins. Sie sind im 13er extrem cremig und auch gut gemottelt. Beim Schwenk komme ich an M58 und M89,
aber auch M59 und M60 kurz vorbei und lande bei der gigantischen, fast schon gleißend hellen M87 und ihrem Hofstaat, also 4486,
4478 und die schön elongierte 4476. Anstatt mit hoher Vergrößerung den Jet zu probieren, geben wir uns der Versuchung hin und
pirschen gleich weiter zu Markarjans Chain. Schließlich hat Ben noch nie durch den Johann geschaut, also erstmal feist abspechteln,
was geht. Von M87 ists nur ein Schwenk in Azimuth und man landet bei 4438 und 4435, The Eyes und natürlich M84, M86, sowie
die prächtige, lange 4388, 4387 und die schön elongierte 4402. Nur ein bisserl Rühren und man hat sofort ca 30 Galaxien gesehen,
ohne jetzt die Futzerln mühselig zu identifizieren. Die Fortsetzung der Markarjans Chain mit 4473 und 4479 haben wir
selbstverständlich mitgenommen.

Es besteht der allgemeine Wunsch, die Gegend um M98, M99 und M100 genauer unter die Lupe zu nehmen. Ich biege von der
Markarjans Chain falsch ab und lande vermutlich bei M88, wohl verwirrt von dem Gewimmel um 4459, die mit 11mag ziemlich
knallig ist. Also nun zu 6 Com und daneben prangt ja die feist elongierte M98 mit Spiralenansätzen. M99 ist extrem kompaktschrill,
vor allem mit den tollen Spiralen, die gut zeichnen. Dicht daneben ist das nette Pärchen 4302 und 4298, Ben sagt, die sehen ein
bisserl aus wie ein Kinderspielzeug, wahrlich eine schöne Kombi, die rundliche 4298 und dicht daneben die lange Spindel 4302.
Ein richtiges, kleines Highlight. M100 nun, gigantisch, groß, gemottelt mit Spiralen, wunderschön. Daneben 4328 und die
spindelige 4322. Die ganze Tour wurde übrigens im 13er Ethos absolviert."

2:13 MESZ: Am Fernrohr unter dem Großen Wagen


Weiter nach Norden auf der Galaxienschneise: Über Coma zu den Jagdhunden

"Wir verlassen den Virgohaufen und nehmen 4565 ins Visier. Diese Superspindel überzeugt natürlich total. Zur Anfahrt nutze ich nur
den Leuchtpünktchensucher und schau mal an, sie ist sofort drin und bietet ein episches Display. Im 13er fast feldfüllend und ein satter
Staubstreifen. Zuerst aber mal zu 4562. Im 13Zöller war die immer sooo grenzwertig und selbst im 16er ziemlich knifflig. Im dicken
Johann zeichnet der kleine, längliche Fleck sofort und eindeutig. 4565 daneben ist halt einfach kameldornschrill. M64 ist riesengroß
und extrem knallig. Das schwarze Auge kontrastiert gut und windet sich wie eine Erdnuß um den Kern. Die Galaxis ist gut gemottelt
mit krisseligen Strukturen, die sich da raus kristallisieren. Es wird allmählich feuchter, so habe ich den Eindruck. Die ersten Okulare
werden mal wieder ins Trockene verbracht, denn auf der Rockerbox und dem Suchertubus spüre ich einen zarten Wasserfilm.

Die Feuchte macht auch klamm und ich brauche eine kleine Aufwärmpause. Diese dauert ca 40min und ich steige bei M3 wieder ein,
den der Ben schon mal eingestellt hat. Die Jagdhunde senken sich allmählich hernieder und ich lasse mich vom Stellarium inspirieren
und stell 4244 ein, Axel Mellingers Superthin. Sie ist schön lang und recht groß und scheint aus Kristall zu bestehen. Sie steht schon
so tief, dass wir mit unseren Köpfen schon halb in die Hecke rein müssen, um ans Okular zu kommen. Unweit davon ist ja 4631, der
Fisch mit dem kleinen, kompakten Knubbel 4627, sowie 4656, der Hockeyschläger, die sind sehr fulminant und grandios, vor allem
der Fisch mit seinem Begleiter. M63, die Sonnenblumengalaxis, die ist vor allem vom Einblick günstig. Sie ist schön groß, leicht
angemottelt, gigafeist.

Dann ein Highlight, auf das Ben schon gewartet hat: M51! Die Spiralen sind mal so richtig feist und zeichnen sehr gut, dann die
ganzen Feldsterne dazu. Extrem kräftig ist auch 5195 und man erahnt den Anfang des zarten Helligkeitsauswurf, der vom Begleiter
ausgeht. Da brauchts schon 24Zoll, damit einem sowas überhaupt auffällt. Nur noch feist. M97 bietet sich noch so schön an.
Da befindet man sich mit dem Okular schon knapp über der Hecke, aber der Nebel zeichnet gut, die Augen kommen markant.
4111 nun, der Mondaufgang über dem Meer. Diese schöne, lange Spindel steht auch schon etwas tief, daher ist man mit dem Kopf
schon halb in der Hecke drin, der Anblick entschädigt dafür. Die Länge der Spindel und das Staubband dazu, das ist ästhetisch sehr
schön. M101 ist ein grandioses Highlight. Auf Anhieb fallen die 3 HII Knoten auf, dazu Kern und Spirale, schön mottelig und
kristallig, das ist extrem cremig."

Zum Morgen hin ...

"Es dräut schon die Morgendämmerung und man hat gelegentlich ein Auge nach möglichem Polarlicht gehabt, aber uns ist nichts
aufgefallen. Schließlich sind schon einige Polarlichtwarnungen raus und ich habe mir fest vorgenommen, morgen die Sonne mit
der gigantischen Fleggngrubbn mal genauer in Augenschein zu nehmen. Zum Ende hat die Feuchte ziemlich massiv zugenommen,
es wird zunehmend schwieriger, den Leuchtpünktchensucher zu benutzen. Noch hat die Milchstraße ordentlichen Kontrast mit
Sco Wolke, schaut nach einer normalen hiesigen Nacht aus. Da ist doch noch 5907 drin. Die finde ich nicht gleich, im 13er zeichnet
dann ein relativ zartes, fast unauffälliges Display, zwar schön groß und lang, aber irgendwie konturlos. Betthupferl wird M13, der
ebenfalls etwas gedimmt ist, aber dank schierer Öffnung dennoch ein toller Glitzerball ist.

Am Ende, beim Abbauen, stelle ich fest, dass Rockerbox, Stangen und vor allem die Autos, alles patschnaß ist. Beim Abbauen mit
hellerer Funzel stelle ich außerdem fest, dass der Fangspiegel ebenfalls beschlagen ist. Es muß bei M101 begonnen haben, die sah
noch ganz ok aus. Das erklärt natürlich, warum der 5907 so mau war. Ben ist nach dem Betthupferl wirklich gleich ins Bett.
Die Gabi, die war schon viel früher weg, so um 01:00 herum. Die Morgenstimmung, die ist wieder mal sehr geil,
drunten beim Bach hat sich wieder der Nebel gesammelt, die Vögel werden aktiv, scho schee."

Ja, das war eine pfundige Nacht mit vielen klassischen Highlights am 24-Zöller - so schee scho !

Freitag: "Wir ziehen uns die todesfeisten Sonnenflecken rein ..."


"Am nächsten Tag bleibt der Ben bis zum Nachmittag bei uns und wir ziehen uns wirklich die todesfeisten Sonnenflecken rein,
mit dem PST, dem kleinen Weißlicht Sonnensucher und erstmals auch mit der Obsidian Scheibe, die wir aus Teotihuacan mit-
gebracht haben. Vor Ort stellte ich nämlich fest, dass die Dinger, die dort als Deko oder Untersetzer verkauft werden, ganz
brauchbare Sonnenfilter darstellen, je nachdem, wie dick die Scheibe ist und wie gut sie poliert ist. Der Anblick darin ist
überdies sehr ästhetisch, in einem angenehmen, gelb-orange Ton. Nach diesen Kriterien habe ich dann eine passende Scheibe
im Laden rausgesucht. Die riesige Fleggngrubbn AR 3664 kann man relativ leicht mit bloßen Augen darin sehen!

Abschluß der Nachlese ist der gemeinsame Elbseeausflug mit dem obligatorischen Spaziergang durch den nördlichen Ausläufer
des Moors:"




Eine Nacht am Auerberg

Nacht von Freitag auf Samstag, 10./11. Mai 2024

Der Elbsee lag schon am Weg. Nachdem wir uns verabschiedet hatten genoss ich die schöne Fahrt durchs Voralpenland rüber
zum Auerberg. Ich spürte allerdings eine Müdigkeit, auch von den Tagen vorher, und peilte eine ganz entspannte Beobachtung
mit dem Fünfling an: Ein paar schöne Galaxien am Frühlingshimmel, die Natur rundrum erleben, und anschließend ein paar
Stunden im Auto pennen ehe es am Morgen nach Hause gehen sollte. Der Sonnenfleck hatte sich im PST wirklich als ein enormes,
toll strukturiertes Gebilde gezeigt, und war wie von Haley beschrieben gut mit bloßen Augen zu erkennen. Der Gedanke an das
damit potentiell verbundene Polarlicht rückte bei mir aber wieder in den Hintergrund, vielleicht auch der Müdigkeit geschuldet;
ich konnte über die Jahre von Deutschland aus mehrere Male Nordlichter sehen, aber nie übermäßig spektakulär - die beste
Gelegenheit von Ende Oktober 2003 ist mir damals ausgekommen. Ich sollte heute noch ganz schön überrascht werden !

Der 9,5" Fünfling wartet auf die Nacht

Sonnenuntergang

Bei Dunkelwerden stand die schmale Mondsichel noch relativ hoch, und es dauerte bis sie untergehen würde. Ich folgte der
normalen Routine, den Fünfling am Stern justieren, und dem Himmel dabei zuschauen wie die Sterne nach und nach heraus
kommen würden. Das dauerte alles, noch war der Himmel bei weitem nicht so dunkel wie ich es vom Auerberg kenne. Der Blick
war nach Süden gerichtet, auch wegen der schönen Sicht auf die Berge, das ist hier ja eine famose Aussichtsplattform.

22:47 MESZ: In der ersten tollen Phase


0:11 MESZ: Es geht wieder richtig los ...


Spektakuläre Polarlichter !

Als ich mich dann mal umdrehte fiel es mir sofort ins Auge: Was ist denn das ? Natürlich, Polarlichter - boah, Wahnsinn !
Der Himmel erschien im Norden farbig, sah irgendwie psychedelisch aus. Natürlich längst nicht so prall intensiv wie auf
den Bildern hier, aber sehr augenfällig. Weite Bereiche des Nordens waren in ein mehr oder weniger deutliches rötliches
Leuchten getaucht, das zum Horizont hin in ein helles weißgraues bis zart grünlich-türkis leuchtendes Licht überging -
letzteres erinnerte mich in den besten Phasen an das OIII-bedingte Leuchten heller planetarischer Nebel, die Farben ganz
deutlich. In Bezug auf diesen Horizontsaum war der Auerberg aber nicht ideal, da im Norden ein Wald große Teile dieses
Lichtes verdeckte; so leuchteten oft nur Teile aus den Lücken hervor.

Und immer wieder gesellten sich helle Beamer dazu, vertikal gerichtete leuchtende Bänder; sie veränderten sich sowohl in
Anzahl, Position als auch Intensität, man konnte dem mit bloßen Augen gut folgen, eine Bewegung in Zeitlupe, ich schaute
mir das über Minuten an. In den hellen Phasen erschienen mir die Beamer farbig, mit Tönen von hellviolett/rosa, in Kontrast
zum weitflächigen rötlichen Leuchten drumherum. Ein grandioses Schauspiel !

Nach der ersten tollen Phase ebbten Intensität und Farben der Polarlichter wieder deutlich ab, der Himmel blieb aber dennoch
spürbar aufgehellt. Nach zwölf Uhr ging es dann wieder los, diesmal noch spektakulärer als am Abend. Jetzt tauchten auch weit
oberhalb des grünen Horizontsaums immer wieder grüne Gebilde wie aus dem Nichts auf, verwandelten sich in alle möglichen
Formen und Größen, nur um dann wieder zu verschwinden als ob sie nie dagewesen wären. Überaus spektakulär !

0:44 MESZ: Das "grüne Insekt" vor den Beamern


0:52 MESZ: Großflächige grüne Gebilde


Als beste Phase sehe ich die gute halbe Stunde ab etwa halb eins. Die grünliche Leuchterscheinung, die mich während ihrer
ständigen Metamorphosen auch mal an ein großes Insekt erinnerte, habe ich sowohl visuell verfolgt als auch mit der Kamera
abgelichtet. Und einige Minuten später erschienen weiter östlich neue großflächige grüne Wolken.

Dazu hab ich auch Christoph im Astrotreff angesprochen, der zu gleicher Zeit nur rund 30 Kilometer entfernt beobachtete,
und ganz eigene Assozationen damit verband: "Und ja, die beiden grünen Erscheinungen haben wir auch gesehen. Das Ding
von dir um 0:44 Uhr sah (finde ich) vorher wie ein dicker, fetter Pilz aus (dicker Stiel, runder Hut) und hat sich dann in die von
dir gezeigte Form entwickelt. Das Ding von 0:52 Uhr könnte das sein, was wir als dem Orionnebel ähnlich angesehen hatten.
Das war aber weiter östlich am Himmel als das erste" - hier sein lesenswerter ganzer Bericht.

Ich hab zu der Zeit ein paarmal telefoniert, nur wartete der Himmel immer wieder mit neuen optischen Überraschungen auf,
sodass ich das Gespräch mitunter abrupt abgebrochen habe: "Es geht schon wieder ultraspektakulär weiter, I muas Buidln mocha
-Servus". Einer der Gesprächspartner war Ralph, und das Polarlicht zog sogar bei ihm in der Münchner Vorstadt eine große Show
ab. Sein Timelapse-Video zeigt an einer Stelle gut das grüne Insekt, nur spürbar weiter oben innerhalb des Sternbildes Schwan;
er stand von der Perspektive her halt deutlich näher dran, und rutschte damit tendenziell mehr unter die Leuchterscheinung:

Das grüne Insekt in Ralph's Video


Peter ist ein weiterer Beobachter aus dem Astrotreff, der die Nordlichter im südlichen Schwarzwald verfolgt hat. Auf seiner
Homepage ist hier ganz oben ein sehr schönes "Allsky Time-Lapse 00:40 - 00:53 MESZ" Video zu sehen, unsere grünen
Figuren geben sich dort - rechts unten im Schwan -, auch mal ein Stelldichein; interessant auch seine Visuelle Version -
sie kann es natürlich nicht genau treffen, liegt aber ungleich näher am visuellen Eindruck als die prallbunten Fotos.

0:48 MESZ


1:07 MESZ: Beamer bis in den Zenit bei Arktur / Nördliche Krone


Natürlich ist auch Haley in dieser Nacht nicht ins Bett gekommen, trotz herannahender Arbeit - er notiert:

"Dann, es ist wohl so gegen 00:30 Uhr herum, scheint sich der Polarlichtbogen regelrecht aufzublähen und es bilden sich
Ableger nach Süden aus. Der Himmel wird immer heller, fast schon wie bei hellem Mondlicht. ... Nun kommen vereinzelte
Beamer, die sich recht flott abwechseln. Der richtige Moment, um die Gabi wieder zu alarmieren. Bald stehen wir zusammen,
staunend, sinnierend, philosophierend, in den Himmel glotzend. Die Beamer werden immer mehr und mehr, die Helligkeit
verstärkt sich derart, wie bei Vollmond Himmel. Jetzt bietet sich die epische, terafeiste Polarlicht Show, besser als alles,
was wir in unserem Leben gesehen haben. Bald ist der gesamte Norden voller Beamer, die mal schmal, mal breit gefächert
hernieder gehen... Schließlich kommen die Beamer sogar von südlich des Zenith aus dem Himmel, man muß den Kopf richtig
in den Nacken legen. Mehrere Male sehen wir ein recht schnelles Flackern oder Pulsieren in den Beamern, absolut großartig
und nur noch todesbrüllfeist ... Ich will eigentlich schon seit einer Weile ins Bett, weil ich doch arbeiten muß, beschließe
dennoch, auszuharren, weil sowas womöglich nie wieder im Leben kommt. Polarlicht > Arbeit, wenn es aufhört, dann gehe
ich ins Bett! Aber von wegen, es hört nicht auf. Bis zum Ende steht der Polarlichtbogen massiv da, permanent ist der Norden
in rot und violett getaucht."

Das Flackern im Zenit habe ich verpasst, da hatte ich nicht zur richtigen Zeit nach oben geschaut. Zeitweise war der größere
Teil des Himmels bis über den Zenit hinaus mit einem rötlichen Schimmer überzogen. Was für ein ungewöhnlicher Eindruck !

1:55 MESZ: Das rote Leuchten geht bis Adler und Schlangenträger


2:41 MESZ: Am Rückweg zum Auto ist das Polarlicht noch aktiv


Was war mit Deep Sky ?

Die Polarlichter haben ja nicht nur die Aufmerksamkeit auf sich gezogen, sondern den Himmel auch merklich aufgehellt;
das war kein normaler Auerberg-Himmel, er erinnerte mich vielmehr an einen im mittleren Münchner S-Bahn Bereich,
nur eigenartig rötlich ;-) Das eingeplante Monatsthema im Astrotreff -das Galaxienpaar NGC 6085/6086 weit draußen im
Herkules-Superhaufen- habe ich in einer Phase geringerer Nordlichtaktivität allerdings im Fünfling probiert, bei 97x und
155x. Ich konnte aber nichts Definitives erkennen, auch wenn es mir so schien als ob an der Stelle von NGC 6086 indirekt
mal was aufgetaucht ist. Aber viel zu unsicher, also nicht gesehen. Von den Werten her kann ich mir schon vorstellen, dass
bei echt gutem Himmel mit der Öffnung hier was geht. Die hellsten Exemplare des klassischen Herkules-Galaxienhaufens
Abell 2151 konnte ich im 10-Zöller schon gut erkennen.

Ansonsten fütterte ich den Fünfling mit den Photonen einiger Standardobjekte, wie Leo's (Galaxien-)Triplett, NGC 4565
oder den Kugelhaufen M3 und M5. Die kamen wie gesagt aber recht bescheiden rüber, Polarlichthimmel halt ;-)

Als sich die Müdigkeit wieder stärker meldete hab ich gegen halb drei Uhr eingepackt und bin zum Auto zurück. Hier hat
man nach Norden einen freieren Horizont, und über dem Gipfel zeigte sich nach wie vor eine ganze Palette an Beamern,
das Nordlicht blieb weiter recht präsent. Ich konnte knapp vier Stunden im Auto schlafen, das genügte für eine sichere
Heimfahrt. Das war ein ganz eindrückliches Erlebnis ! Und ein Stöbern in den Foren zeigte, dass eine ganze Reihe
von Beobachtern von dem famosen Spektakel doch sehr überrascht wurde - ich war einer davon.


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