Es war es längst dunkel, als ich gegen 20:20 den Bahnhof verließ. Anfangs vom hellen Zug her stark geblendet
stellte sich die Adaption nach und nach ein, und an der Wanderbank war klar: Das wird wieder ein guter Himmel !
Im Grenzgebiet der Sternbilder Füllen (Equuleus) und Wassermann (Aqurius) stehen ein paar Doppelsterne, die
gerade Thema im Astrotreff sind - beginnend mit diesem Beitrag. Sie wurden mein erstes Ziel, da die Gegend den
Meridian bereits überschritten hatte und sich wieder im Absteigen befand. Und bei der ohnehin recht südlichen
Position würde sie schon bald hinter dem Bergmassiv des Miesing verschwinden. Hier eine Übersicht:
Objekt | Helligkeiten | Abstand | Eindrücke aus dieser Nacht |
---|---|---|---|
(1) Epsilon Equ (Struve 2737) | 5,4 + 7,1 mag | 10,5" | Spektr. im Bereich F; Kontrast für mich "weniger gelblich" zu "mehr gelblich" |
(2) Struve 2735 | 6,5 + 7,5 mag | 2,0" | ca. 1° WNW von (1) schon im Delphin; bei 110x Trennung einfacher als bei (3) |
(3) 12 Aqr (Struve 2745) | 5,8 + 7,5 mag | 2,44" | Spektr. G4,A3; - Trennung bei 110x schon schwierig, Begleiter "klebt" südlich an; Farbkontrast erahnbar |
Mich hatte auch der Vergleich von (2) und (3) in Bezug auf die Schwierigkeiten der Trennung interessiert:
Enger zusammen + weniger Helligkeitsdifferenz <-> Weiter auseinander + größere Helligkeitsdifferenz
Bei diesen Werten war (2) schon spürbar einfacher. Den theoretisch deutlichen Farbkontrast von (3)
konnte ich erahnen, ich war aber auf die Trennung an sich fokussiert - die war nicht einfach.
Vom Doppelstern 12 Aqr ging ich fünfeinhalb Grad direkt nach Süden zum "Saturnnebel" NGC 7009. Dieser 8 mag
Planetarische Nebel NGC 7009 ist sehr klein und flächenhell, und kam für mich etwas länglich rüber, in der Farbe
spürbar ins grünlich-türkise gehend. Gleich um die Ecke nach SW steht die Sternfigur M73 - den konnte ich in seine
vier Sterne im Bereich von 10,3 bis knapp 11,8 mag Helligkeit trennen - und der Kugelhaufen M72, im Spektiv
ein kleines Fleckchen. Diese beiden Messierobjekte weckten alte Erinnerungen an spannende und intensive Minuten
am Ende eines Messier-Marathons 2012 in Geigersau mit dem 120mm Refraktor:
"... und bei sich nunmehr rapide aufhellendem Osthimmel schaffte ich noch M73, und wahrscheinlich auch noch M72
ganz in der Nähe: In der richtigen Gegend war mit indirektem Sehen noch ein Fleckchen auszumachen, ich habe es
aber nicht mehr genau nachgeprüft - mir fehlten ja noch zwei Objekte. Der Blick zum Osthimmel zeigte jetzt aber:
Für eine weitere 'Starhopping'-Suche in einem anderen Areal war keine Zeit mehr, bei der hellen Dämmerung hätte
ich M75 und M55 gar nicht mehr gefunden."
Und schließlich ging es noch zum relativ großen, 6,4 mag hellen Kugelhaufen M2. Hier konnte ich im Außenbereich
mit indirektem Sehen eine Wolke an allerfeinsten Puderzucker-Sternchen aufblitzen sehen - sehr schön :).
Und weiter im Süden bleibend habe ich noch den Helixnebel NGC 7293, und später noch die Galaxien NGC 247 und
NGC 253 mitgenommen. Jeweils auch mit etwas Details, aber bei der tiefen Position wie gewohnt etwas blass.
Der Himmel hatte sich noch weiter verbessert, die Durchsicht war jetzt hervorragend: Eine gute Gelegenheit mal die
Grenzen des Spektivs ein bisserl auszutesten.
Zuerst das Galaxienpaar NGC 7332 / 7339 -zwei längliche Objekte in Kantenlage am Westrand |
Anschließend peilte ich einige klassische Galaxiengruppen des Perseus-Pisces Superhaufens an, die im Bereich
von rund 220 bis 250 Millionen Lichtjahren Entfernung liegen. Sie sind mir von größeren Fernrohren ab rund
10-Zoll Öffnung her gut vertraut, und standen bei dem guten Himmel gerade auch sehr hoch - schau mer mal
was da mit 99mm so geht ...
NGC 383-GruppeBei der NGC 383-Gruppe konnte ich die 12,4 mag helle |
NGC 507-GruppeDie immerhin 11,2 mag helle Galaxie NGC 507 war dagegen |
Abell 426Schließlich ging es zum "Perseus-Galaxienhaufen" (Abell 426) um |
Also ein bisserl was konnte ich bei diesen weit entfernten Galaxien mit dem Spektiv ausmachen. Und dabei eher
die etwas größeren Objekte, obwohl diese dann eine geringere Flächenhelligkeit haben. Bei den relativ geringen
Vergrößerungen des Spektivs (hier im Zoombereich meist um 70-100x) dürfte eine gewisse Größe des Fleckchens
von Vorteil sein um wahrgenommen zu werden, vorausgesetzt die Flächenhelligkeit ist nicht zu niedrig.
... peilte ich auch klassische Highlights an: Ein ästhetischer Saturn und Jupiter mit schönen Farben plus Mond
Europa ganz nahe dran. Die Galaxie M33 konnte ich mit bloßen Augen indirekt als Fleckchen ausmachen, und
im Spektiv zeigte sich eine unruhige Oberfläche. Der Andromedanebel M31 zeigte Staubstrukturen, und bot bei
kleinen Vergrößerungen das gewohnt majestätische Ensemble in einem Gesichtfeld mit den zwei Begleitgalaxien.
Davon gibts aber noch mehr, der folgende Wikisky-Ausschnitt zeigt ...
Sie stehen weiter nördlich in der Kassiopeia: Die kleinere, aber deutlich flächenhellere Galaxie NGC 185 fiel sogleich
ins Auge, aber auch das eher zarte Leuchten von NGC 147 machte sich bei diesen hervorragenden Bedingungen ohne
Probleme deutlich bemerkbar: Zusammen mit dem sternreichen Vordergrund im Randbereich der Milchstraße ein sehr
schöner 3D-Eindruck im Okular ! Bei der sehr kleinen aber recht hellen Galaxie NGC 278 brauchte es eine höhere
Vergrößerung um die 100-fach um sie deutlich sichtbar zu machen.
Die Galaxien NGC 1023 und NGC 891 stehen auch hinter dem Außenbereich der Milchstraße; erstere erschien hell
und kompakt, und auch die schmale edge-on NGC 891 konnte ich sehr gut als schmale Spindel erkennen. Und nicht
zu vergessen der brillante Orionnebel M42, als er in zweiten Nachthälfte stetig höherstieg; mir fiel die türkise Farbe
deutlich ins Auge.
Ich bin einer Anregung im Astrotreff gefolgt, und habe im Schwan - rund zwei Grad östlich von 22 Cygni gelegen -
den Farbkontrast-Doppelstern HJ 1470 eingestellt: Wirklich schöne Farben, ich habe orange zu bläulich gesehen.
Hier noch ein Link zu den schönen Zeichnungen von Rene und Sarah, ihren "Apfel" konnte ich gut nachvollziehen.
Nach Mitternacht war der Himmel in Zenitnähe ausgezeichnet, und die Sternhaufen in Kassiopeia und Perseus
kamen für 4-Zoll Öffnung großartig heraus: Brillanz und Farben in h+Chi Persei noch besser als beim letzten Mal
im August, und noch mehr Puderzucker-Sternchen in NGC 7789 - und hier noch ein Abstecher zum spektakulären
Farbkontrast-Doppelstern WZ Cas, unserer alten "Ampel" :). Ein weiteres Indiz für die besondere Himmelsqualität:
Den Sternhaufen NGC 609 hatte ich im 99mm Spektiv noch nicht ausmachen können, jetzt machte er sich neben
dem Sternenpaar indirekt sogleich als schwache, aber problemlos erkennbare rundliche Aufhellung bemerkbar !
Gegen Ende hin hab ich noch die klassischen Haufen M37 und M35 besucht: Wie gewohnt großartig, und neben
M35 stach der Hintergrundhaufen NGC 2158 als heller kleiner Nebel hervor.
In den acht Stunden am Platz kamen nur einmal ein Auto und ein Fahrrad vorbei, akustisch war ich aber nicht allein.
Mal waren Wildschweine zu hören, mal auch der Waldkauz und vermutlich noch andere Raubvögel. Es dominierte
aber ganz eindeutig ein anderes Orchester: Das Röhren der Rothirsche, es ist ganz offenbar Brunftzeit. Über Stunden
meldeten sich verschiedene Tiere aus Richtung Miesing, aus Richtung Seeberg und von den kleinen Waldhügel im
Osten her; dabei schwankte die Intensität, viel Röhren vor Mitternacht, dann eine längere Pause und ein erneutes
Aufleben ab etwa zwei Uhr.
Gegen Morgen hin wurde das Gras etwas feucht, die Optiken blieben aber durchgehend trocken. Die Temperaturen
blieben recht angenehm, gegen 5:00 hatte es laut Wetteronline noch neun Grad.
Beim Aufbruch gegen halb Fünf begleitete mich eine gleißende Venus im Löwen. Der Zug ging kurz nach Fünf,
und gegen sieben Uhr war ich wieder zuhause - eine sehr schöne Nacht :)