Viele Wolken am ITT

Donnerstag den 21. September, bis Sonntag den 24. September 2023

Schon die letzten beiden Jahre hatte sich das ITT ja ganz überwiegend bewölkt gezeigt, und dieses Mal sah die
Wetterprognose im Vorfeld eher noch schlechter aus: Zuerst noch ungewiss, und durchaus mit Chancen, aber zum
Mittwoch hin schien es nicht mehr ausgemacht zu sein ob wir in den drei Nächten überhaupt ein einziges Objekt
erwischen würden. Und auch tagsüber sah es trüb und regnerisch aus, was Teile unserer üblichen Wanderfraktion
endgültig abgeschreckt hat - wenn auch nicht alle Absagen wetterbedingt waren. Und so blieben von der VSW
diesmal nur Günter, Haley und ich übrig, und aus unserem traditionellen Westliche-Wiesen-Umfeld Stefan und
Volker. Echt ungewohnt mal wieder allein zum ITT zu fahren, die letzten Jahre hatte ich immer Leute im Auto
mitgenommen. Mit keiner großen Erwartung hatten Haley und ich auch nur kleinere Geräte dabei, er das 100mm
Bino des Wachter Gigant, ich das 99mm Spektiv.

Von links Haley, Günter und Stefan

Am PST Sonnenteleskop


Ich war Donnerstag gegen halb vier auf der Alm aufgeschlagen, und hatte bei Stefan schon bald die Sonne
und die Mondsichel mitgenommen - ein Null-ITT war es zumindest schon mal nicht mehr ! Gegen sieben
Uhr trafen wir uns wie üblich zum Abendessen im Alpenhof, ...

Und es geht was in der ersten Nacht ...

... und bald erreichte uns die Kunde dass es aufklarte. Wir begaben uns hoch zu den Westlichen Wiesen,
zu den oben genannten Personen gesellten sich noch Johannes, Aitor aus Spanien und eine Zeitlang auch
Christian aus dem Chiemgau. Der Himmel blieb aber nicht durchgehend frei, es war ein Wechselspiel von
kommenden und gehenden Wolkenlöchern, mal klarte es hier auf und machte an anderer Stelle dicht.
Für diese Situation war der robuste 10-Zoll Volltubus-Dobson von Aitor ideal, und sollte unser Hauptgerät
werden: Einfach aufgebaut, und bei den wandernden Löchern sehr schnell und flexibel einsetzbar; mal ein
Schwenk nach Westen, dann rauf in Zenitnähe und wieder fix nach Nordosten - wo sich halt gerade ein Areal
klaren Himmels zeigte. Das erinnerte mich an so einige ähnliche Nächte mit meinem alten 10-Zoll Coulter,
der Fachbegriff lautet "Wolkenlochspechteln" ;-) Und da gabs Bereiche mit toller Rückseiten-Durchsicht !

Für speziellere Objekte nahmen wir uns am 10-Zöller dann keine Zeit, ich erinnere mich an folgendes Buffet,
allesamt klassische Highlights: Saturn und Jupiter, den farbigen Doppelstern Alamak, die Haufen M13, M11,
M71, h+chi Persei, NGC 457 und NGC 7789, die Planetarischen Nebel M57 und M27, den Cirrusnebel und
Galaxien M31, M33 und NGC 891. Und die kamen alle so schön rüber wie man es von einem Zehnzöller in
den Bergen erwartet - na immerhin, a bisserl was is scho amoi ganga :) Und Aitor hat es gut gefallen, einige
der Objekte waren für ihn noch neu gewesen.

Das waren insgesamt so knapp zwei Stunden in denen wir ganz gut beobachten konnten - na immerhin !
Man weiß halt nie ob nicht irgendwo ein Bergkamm im Weg steht der die Wolken halt doch mal aufreißt -
auch wenn das bei der schlechten Wetterprognose nicht vorhergesagt wurde ...

Es wurde geratscht und gespechtelt


Haley's Beobachtungsbericht

Haley hat diese Zeit intensiv beobachtet und wieder umfangreich dokumentiert - er notiert:

"Um 21:00 ist der Wachter in Stellung, bei ca 80% klarem Himmel. Dann geht es gleich Schlag auf Schlag, beim
Günter prangt h und Chi, den hats bei ihm gestern schon mal gegeben. Aitor hat seinen Zehnzöller zu uns rüber
geschleppt. Das erste Objekt im Wachter ist M11, schön puderzuckrig, dazu M26 und 6712 zeichnet auch. Dann der
Saturn. Wie von dem Glas gewohnt, ist der Herr der Ringe klein und knuffig. Jetzt bietet sich 7293 an, die Wölkchen
von vorhin sind jetzt weg. Der ist kompakt und kontraststark, richtig prächtig. Beim Aitor wird M13 mit einem recht
deftigen 6207 präsentiert und einen rhododendronfeisten M27 kann man da auch bewundern. Ich gehe zum Tarazed
und ergötze mich an dem deftig strukturierten B172 und 173. Diese Dunkelnebel erfreuen nicht nur mich. Es macht
übrigens Freude, sich das alles gelgentlich mit dem Glubschi rein zu ziehen, heute denke ich wieder mal dran. Damit
kann man sogar den Hantelnebel sehen. Im Schützen ist ein Wolkenloch, also schnell her mit dem M22. Mei, der ist
aber knusprig, nicht bloß Wolle, schon angezuckert. M55 geht auch, zart und groß und dennoch feist definiert. Jetzt
rüber zum M31 mit M32 und 205. Andromeda ist eines der Prachtobjekte für den Wachter. Das Wolkenloch steht
gerade optimal. M31 ist bildfüllend und exquisit. Ziemlich zeitgleich wartet Günter mit einem knusprig angelösten
M15 auf. Ein weiteres Loch ist bei M101, die gefällt dem Aitor. Heute ist sie richtig kontraststark und sehr markant.
M13 nehme ich mit, hübsch häßlich. Beim Günter nehme ich eine knorpelige Knochenhand im UHC Filter mit."

"Heute muß man echt schnell sein, richtiges Wolkenlochspechteln, ein Objekt nach dem anderen, weil die Bedingungen
so schnell wechseln. Jetzt geht M33, her damit. Whow, toll, was für ein knuspriger Galaxienbatzen. Zur Abwechslung
nehme ich den gleißenden Jupiter mit. Etwas länger verweile ich bei dem auffälligen Geglitzer am Berghang im Osten.
Das sind nämlich die Plejaden, herrlich, wie sie sich gerade über die Bergkante schieben. Das kommt toll im Wachter.
Zeitgleich wird M34 im Glubschi als kleiner Fleck erspäht. Ich schaffe dann noch, den schon hoch stehenden 7789 als
kompaktes, dichtes, Puderzucker Geglitzer zu genießen, bevor da wieder eine Wolke daher kommt. Es gelingt noch,
M16 und M17 zu erhaschen. Die passen beide ins Wachter Gesichtsfeld, wunderschöne Knubbeln im Sternfeld. Dann
kommt erstmal eine halbstündige Wolkenpause. Na, wir haben ja eine illustre Runde mit Günter, Stefan, Ben, Volker,
Aitor und Johannes, zeitweise ist der Traunsteiner Christian da. Bei der nächsten Wolkenlücke ist in Aitors Zehnzöller
ein tiefstehender, wabernder Jupiter zu sehen."

Es ist wieder zugezogen ...


"Bei der nächsten Wolkenlücke ist in Aitors Zehnzöller ein tiefstehender, wabernder Jupiter zu sehen. Noch nicht
so toll, aber man freut sich ja über alles. Nochmal der Helixnebel im Wachter. Der ist immer noch brüllfeist, freue
mich jedesmal wie ein Schnitzel, wie deftig der in dem Glas rüberkommt, vor allem ohne Filter. Jetzt kann ich mal
einen intensiveren Blick auf M31 werfen und mich an der riesigen, bildfüllenden Spiralgalaxis mit den Staubbändern,
dem satten Kern, dem fast sternförmigen M32 und dem zarten 205 zu erfreuen. Es gellingt zudem, einen weiteren,
kurzen Blick auf 7789 zu erhaschen. 457 finde ich jetzt auch und kann den kurz genießen, weil sonst immer eine
Wolke zur Stelle war. Den gibts sogar im Zehnzöller zu sehen. In dem Zehnzöller stelle ich den 891 ein, weil den
Aitor noch nicht kennt. Er landet beim Rumrühren beim hübschen Alamak und weiß dann nicht mehr weiter, so
bekomme ich den Doppelstern ebenfalls mit und gehe zu 891. Der ist sogar richtig bombastisch, mit Staubstreifen,
ganz grenzgeschmeidig. Im Zehnzöller prangt jetzt ein sehenswerter Saturn mit schönem Ring, recht scharf und
knackig. Cassini zeichnet zart. Dieses Wolkenloch reicht für einen weiteren Blick im Wachter zu M17 und M16,
den Günter ebenfalls mitnimmt. Ist sogar besser als vorhin. M33 geht nochmal, bevor es zu zieht. Jetzt hocken
wir erstmal länger herum, ratschen und genießen die Stimmung auf der Alm. Das ist eigentlich immer sehr schön.
So nach und nach löst sich der Kreis aber auf. Erst so um 01:15 Uhr herum ist Schicht im Schacht, die Jungs
haben sich verzogen ..."


Der Freitag ...

... war dann trüb und verregnet, und nach dem Abendessen haben wir den Vortrag von Uli Stein zu Ergebnissen
aus den Beobachtungen mit dem ALMA Radioteleskop angesehen - sehr interessant ! Später saßen wir in netter
Runde beisammen, und es "wird es weinselig, weil es auf der Alm wieder den 'Martin Birkmaier Gedächtniswein'
gibt. Na dann, Prost!" (Haley). Als ich längst im Bett war haben sich die Wolken für Haley nochmal ein
klein wenig aufgelockert:

"... Etwas später hat es sogar wieder erste Wolkenlöcher und ich vermag im Papilio einen flüchtigen
Orionnebel und einen höflichen Jupiter zu erspähen."


Der Samstag ...

... führte Haley und mich auf eine Wanderung. Wegen der realen Möglichkeit gescheit nass zu werden haben wir
diesmal aber keinen der felsigen Hausberge wie Knoten oder Nassfeldriegel angepeilt, diese Routen dürften recht
glitschig gewesen sein. War wohl keine so schlechte Wahl, denn zum Ende unser Tour holte uns der Regen voll ein.

Haley schreibt dazu:

"Gegen 13:00 Uhr brechen wir zur heutigen Wanderung auf. Sie führt erstmal zur Oberberger Alm. Pünktlich, am
weitest entferntesten Punkt, fängt es dann wieder leicht zu regnen an, aber Regenjacke regelt. Wir gehen diesmal
erstmals den unteren Weg (B5) zurück. ... Die Steigerei wird mit einem recht üppigen Wasserfall belohnt und die
Unwetter im heurigen Juli haben auch eine kleine Mure in Gang gesetzt und reichlich Bäume in einen veritablen
Holzverhau verwandelt. Zum Ende des Weges hätten wir sogar noch Schwammerl einsacken können, aber wir essen
ja eh wieder im Haus, also bleiben sie an Ort und Stelle. Diese Runde dürfte so ca 7.5km lang sein und ca 150 Höhen-
meter sind darin enthalten. Am Ende landet man direkt unterm Fichtenheim und wir sind drei Stunden unterwegs."

Ja, Günter und Stefan kommen hier ja regelmäßig mit Körben von Pfifferlingen und Steinpilzen zurück, da hätte
hätte sich so ein schöner Parasolpilz auch durchaus gut in der Pfanne gemacht.

Und auch die letzte Nacht ging nochmal was ...

Abends im Gasthaus habe ich die gewohnt launige Runde frühzeitig verlassen, um etwas vorzuschlafen falls es doch
noch einmal aufklaren sollte; letztes Jahr hatte das ja vorzüglich geklappt, und wir bekamen ein paar Stunden mit
ganz phänomenal klarem Rückseitenhimmel. Haley blieb am Tisch, ich gebe ihm wieder das Wort:

"Es gibt gute Gespräche, Wein und Gerstensaft fließen reichlich, einige Weißbiere sind doch recht entspannend.
Um 00:45 Uhr löst sich diese Runde auf ..."

"Siehe da, nach dem letzten Regen am Abend lugen schon wieder Sterne durch die Wolken. Ich hole mal den Papilio
und sehe schon mal Jupiter, die Plejaden und Hyaden, sowie M36, 37 und 38. Ich wecke den Ben und bald darauf
pilgern wir beide zu den Kaeffzetts. Ben hat sein neues Spektiv am Start, da bin ich schon neugierig darauf.
Am Wachter wird der Reigen mit einem tief stehenden Orionnebel eröffnet. Der ist noch einigermaßen unspektakulär,
vage und blaß, sowie M35, der ist hübsch. H und Chi stehen schon zu hoch, da hieße es Genick verrenken. Den nehme
ich im Papilio mit. Es hat jetzt keinen Nebel mehr, dafür höhere Bewölkung, zumeist Altostratus, deshalb sind viele
Sterne höflich. Im Spektiv vom Ben läßt sich der gut angezuckerte M71 bestaunen, ein feines, scharfes Gerät mit
immerhin 4“. Im Wachter zeichnen M37, 38 und 36. Die schauen durch den Altostratus wie fluffige, große Kugel-
haufen aus, irgendwie nett. M35 ist besser, wenigstens sternig aufgelöst und 2158 sehe ich nicht. Im Zenit breitet
sich eine größere, stationäre Wolke aus. Aber in der Leier, die schon tief steht, ist es recht ordentlich. Epsilon Lyrae
mal, niedlich. Im Spektiv werden die Plejaden und ein blasser Orionnebel kredenzt, die durch die Wolkenschleier nur
einen Bruchteil ihres Potentials bieten. M57 deutlich besser, ein schönes, definiertes Ringerl. Albireo ist darin extrem
hübsch, geil mit dem Zoom Okular. Den stelle ich im Wachter auch ein, sehr schnuckelig. M56 ist heute nicht so leicht,
zeichnet letztendlich als schwacher Wollball. M57 kann man wieder als kleines, sehr kompaktes Scheiberl sehen. M71
gibt es bei mir auch, ein nettes Wölkchen. M27, sowohl beim Ben, als auch im Wachter. Mal schon schön ausgeprägt
mit Ohren, mal klein und knuffig, aber beide Anblicke sind nett. Ich probiere den Nordamerika Nebel. Er ist erahnbar,
aber alle Sterne haben einen Hof. Beim Ben gibts kurz darauf die Eule 457, hoot hoot! Hübsch in dem Spektiv mit dem
Zoom Okular, genauso wie der h und Chi schon mit Sternfarben. Im Wachter glänzt ein winziwunzi Saturn. Ich gehe
nochmal zum Nordamerika Nebel. Ja, man sieht schon was, das geht aber viel besser. Der Orionnebel ist ebenfalls noch
nicht besser. Im Spektiv gibts jetzt den Saturn und den kann man wenigstens als solchen gut erkennen. Wabert ein wenig,
aber schöner, ästhetischer Anblick. Das ist das Betthupferl. Wenigstens ist es nicht so siffig, wie oft hier oben."

Haley dürfte kurz vor 3:00 gegangen sein, und ich blieb noch etwa eine Stunde länger am 99mm Spektiv. Das war ganz
allein da oben sehr still und irgendwie meditativ, und ich bin mit dem Fernrohr wieder in die Milchstraße eingetaucht,
um vertrauten Sternhaufen in Kassiopeia, Perseus und Fuhrmann nochmal einen Besuch abzustatten - sehr schön :)
Der vorherige Schlaf hatte mir gutgetan, nicht zuletzt im Hinblick auf die Rückfahrt.

Morgenstimmung

Vor dem Aufbruch

Und der Sonntag ...

... war wieder der Abreisetag. Trotz der diesmal besonders trüben Wetteraussichten sind wohl um die drei Stunden guter
Beobachtungszeit herausgekommen, und auch die Wanderung hat uns gut getaugt. Und nicht zuletzt die Begegnungen
mit den Sternguckern die wir teils nur einmal im Jahr hier treffen. Dennoch wäre ein so richtig gutes ITT mal wieder
sehr schön, wie die letzte totale "Schönwetterkatastrophe" von 2011. Schau mer mal ...


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