Wir fanden gegen 22:30 etwas südlich von Scharnitz einen geeigneten Parkplatz und wurden belohnt. Der Himmel blieb trotz
erheblicher Feuchtigkeit klar, die Temperatur lag um -8 Grad. Den Komet konnte ich mit bloßen Augen - vor allem indirekt -
gut erkennen, und er zeigte im Spektiv einen deutlichen Schweif; der Staubschweif erschien mir leicht gelblich, und ich meinte
auch einen kurzen Gegenschweif ausmachen zu können. Da das Gerät jedoch zunehmend eineiste, verlegten wir uns später vor
allem auf die Beobachtung mit Ralph's 15x50-Feldstecher.
Zwei dick eingepackte Gestalten |
Die Lage des Kometen links neben der Wagendeichsel |
"Ben regt spontan an Richtung Seefeld zu fahren, da der Nebel im Norden keine Sicht böte. Die Cam der Rosshütte bei Seefeld
zeigt permanent klaren Himmel, selbst das niedrig liegende Innsbruck bleibt ohne Nebel. So geht es um 20h15 los, durch Nebel-
nässen entlang der Autobahn. Ich sehe, dass die Nebeluntergrenze sogar höher als das Ettaler Mandl ist. In Garmisch ist es dicht,
aber da zeigen ein paar Fahnen Wind aus Süden an, was ich als gutes Zeichen werte. Ab Mittenwald gibt es Lücken. Und kurz
hinter Scharnitz finden wir unter gutem Himmel einen großen Parkplatz am Fußballplatz Scharnitz. Es ist saukalt hier, -7 Grad.
Man hat hier Anschluss an das zentralpine Klima, der Nebel kann die hohen Gebirge nicht passieren und die Enge bei Scharnitz
ist einfach zu schmal für den Nebel. Doch Ben hat den Kometen schon knapp über der Bergflanke eines Ausläufers der Arnspitz
erspäht und sieht diesen auch mit bloßem Auge als sehr schwaches Fleckchen. Der Komet steht im NNO knapp 30 Grad hoch.
Hier leuchten die von Norden kommenden Autos mächtig herein, gegen die Scheinwerfer aus Süden hilft uns ein Erdwall.
Ich stelle die Kamera mit dem brandneuen, selbst verbesserten Askar 180mm in den Schatten des Autos. Das dauert ein Weilchen.
Doch irgendwann läuft die Belichtungsserie mit 20s, Iso 3200 f4.5. Ich bin maximal gespannt, was das liebenswerte Maschinchen
als Miniatur Apo leisten wird ... Ich kontrolliere die Kamera, und sehe, dass die Sequenz nicht loslief. Also nochmal starten! ...
Die Kamera zeigt jetzt einen sehr ausgeprägten Gasschweif."
Info zur Aufnahme: "Asakar 180mm f4.5 an MFT, 10x20 sec., mit diversen Programmen sehr stark bearbeitet".
Ralph fährt fort:
"Ich gehe den Kometen mit dem 15x50 an, der Komet ist schön hell, und der Schweif nimmt etwa 40 Prozent des Gesichtsfeldes ein.
Wie gut, dass Ben uns hierher motiviert hat! Ich meine einen Gegenschweif zu sehen. Ben meint ev. auch einen kurzen Stummel zu
sehen. In Bens Spektiv sehe ich an der Stelle jedoch ein Sternchen und ich verwerfe die Sichtung des Gegenschweifes ...
Visuell ist uns erst mal unklar, welche Schweifteile wir sehen. Neben der ausgedehnten Koma kann ich am westlichen Rand des
Schweifgebildes einen kurzen Strahl erkennen. Sehr viel länger ist ein diffuser, eher gerade erscheinender Schweif, der gegenüber
dem Horizont bei ca. 1h30 steht, die Verbindungslinie der Sterne Hd132890 und 133206 passiert und etwa 1.7 Grad lang erscheint
und dabei den Stern 131494 in der Richtung östlich leicht verfehlt. Da wird uns klar, dass wir damit den Gasschweif gesehen haben,
welcher den Staubschweif mittig verlässt. Erstaunlich, dass der Gasschweif so gut entwickelt und vergleichsweise hell ist ...
Jetzt haben wir unseren Job, trotz schwierigen Wetters, perfekt erledigt und etwa um 1h fahren wir wieder heim. Gegen 3h sind wir
bei mir zuhause und Ben quartiert sich unter dem Dach ein. Jetzt ist Schlaf dringend nötig und sehr verdient."
Ralph notiert: "Der Weg bergauf ist stark gestreut, da bleibt keine Glätte. Oben weht ein sehr kaltes Lüftchen und etwas Schnee
ist auch noch da. Ich baue das Bino auf, sieht noch ganz nett aus der Komet ZTF, mit etwas Schweif und immer noch heller als
die Auriga Haufen."
Unsere abendliche Runde (Bild: Markus)v.l. Markus, Ralph, Philipp, Ben, Alfredo, Bernhard und Inna |
Wir trafen vor Ort noch weitere Beobachter, |
Ralph fährt fort: "Mit Philipp schaue ich im 100mm Bino den Orionnebel an. Es ist zu sehen, dass der Orionnebel sich zur Blase
schließt. Nur auf der östlichen Seite beim hellen Stern wird die schmale Brücke ohne Filter nicht definitiv geschlossen. Auf der
Westseite ist die Brücke breit und eindeutig. Mit Filter weiß ich es nicht mehr, wie es war. Ich zeige Markus, während wir mit
Ferngläsern auf der Matte liegen, die Auriga Haufen, wir pirschen uns über den inzwischen nicht mehr so hellen Mars heran.
Auch Inna schaut durch das Bino, während Ben die Führung übernommen hat. Alfredo kann mit ihr sprechen und ich höre
einige slawische Worte herüberkommen. Schön ist es hier oben, wir bleiben ungestört."
Wir haben gut zwei Stunden gespechtelt und geratscht, es war klar und kalt. Mit dem Mondaufgang sind wir dann etwas
nach neun Uhr wieder heimgefahren. Ja, eine nette Unternehmung in entspannter Runde - schee wars :)
Wir haben natürlich auch nach dem Kometen geschaut. Er war nicht mehr so hell wie bei unserem Ausflug nach
Scharnitz vor knapp drei Wochen, zeigte im Feldstecher aber immer noch einen deutlichen Schweifansatz.
Ralph am 9,5-Zoll "Fünfling" - der Pfeil markiert den Kometen |
Ralph schreibt: |
Der Komet zwischen Mars und Aldebaran (Bild: Ralph Muth) |
Wir waren uns nicht sicher, aber wenn |
Ralph erläutert technische Details: "Die Aufnahme ist mit 50mm äquivalente Brennweite gemacht. Der Stack aus
30 x 6sec wurde bei Blende 2.8 aufgenommen. Der Komet zeigt sich deutlich, aber klein. Da ich ohne Darkframes
gearbeitet habe, gibt es viel Rauschen und Farbverschiebungen, welche sich nur teilweise kosmetisch kaschieren
lassen mittels diverser Bildbearbeitungsprogramme."
Ansonsten hatte ich mir für den Fünfling einige Offene Sternhaufen vorgenommen. Die hellen Messierhaufen M38,
M36, M37 und M35 kamen wie erwartet sehr gut rüber: Besonders das dichtgepackte Sternenpaket M37, bei kleiner
Vergrößerung (45-fach) gewohnt grandios im Kontrast zur Umgebung der Milchstraße; und NGC 2158, der gleichfalls
sehr sternreiche Nachbar von M35 - räumlich allerdings weit im Hintergrund gelegen - löste sich bei 97x in eine ganze
Menge feinster Puderzucker-Sternchen auf. Sehr schön kam auch NGC 2169 als gut erkennbare "37"-Sternfigur rüber,
und gleich um die Ecke zeigte der Haufen NGC 2194 ein dichtes Paket feinster Sternchen. Ebenfalls gut zu erkennen,
aber deutlich subtiler dann NGC 2151 - wie auch NGC 2324, hier sah ich indirekt viele schwache Sternchen. Dagegen
fiel der helle Haufen NGC 2301 mit seiner Verdichtung im Zentrum und drei Ausläufern nach außen sofort ins Auge.
Ich war länger in der Gegend des Weihnachtsbaum-Sternhaufens NGC 2264 unterwegs: Die kleinen Reflexionsnebel
NGC 2245, NGC 2247 und IC 446 fielen sofort ins Auge, und ihr prominenterer Kollege NGC 2261 - auch bekannt als
"Hubble's Variabler Nebel" - zeigte bei 97- und 155-fach sehr schön, warum er gerne mit einem Kometen verglichen wird:
Der kleine Wimpel machte eine sehr schöne Figur. Schwieriger der weit entfernte und dichtgepackte Haufen Trümpler 5:
Ich konnte eine Aufhellung erkennen, aus der mit indirektem Sehen einige feinste Sternchen hervorblitzten. Und wenn
wir bei Reflexionsnebeln sind: Ich habe auch bei M78 vorbeigeschaut, hier formen helle und dunkle Nebel zusammen
mit ein paar Sternen eine Art Himmelsgemälde - sehr schön.
Ralph mit dem Orion im Süden ... |
... und dem Großen Wagen im Nordosten |
Außerdem kam mir der Asterismus "Lorenzin 15" in den Sinn, eine Sternfigur die Rene im Astrotreff vorgestellt hatte:
Ich wusste nur, dass der ein bisserl nördlich der Schnauze des Großen Hundes steht und einem McDonald's Logo ähnelt.
Ich musste im 15x50 Feldstecher aber nicht lange suchen, die geschwungene "3" aus vielen kleinen Sternchen hebt sich
sehr schön ab - ein echt tolles Objekt, Ralph hats auch gut gefallen; er war zudem mit zwei kleinen Instrumenten aktiv:
"Heute sehe ich den Mars und Aldebaran auffällig rötlich-orange, trotz adaptierter Augen. Toll finde ich, dass ich das
dunkle Band im Flammennebel NGC 2024 mit dem 15x50 schon sehen kann. Mit dem 70mm Refraktor sehe ich die
Teilung zuerst nicht. Da bemerke ich, dass es um die Sterne große Lichthöfe gibt. Das schuldige Prisma wird daher
mit der Hand erwärmt und der Beschlag verschwindet. So gelingt auch im 70mm Refraktor die Sichtung der Teilung
im Flammennebel. Für das 15x50 Fernglas habe ich eine Okularheizung gebaut, und größerer Beschlag kann sich so
gar nicht erst bilden."
Es wurde zunehmend feuchter, und wir packten nach rund dreieinhalb Stunden unter schön klarem Gebirgshimmel
gegen 22:00 zusammen. Um Mitternacht konnte ich Ralph am Hauptbahnhof absetzen. Schee wars :)