Zwei abendliche Beobachtungen

Für die Neumondphase zum Monatswechsel Februar/März 2022 hier die Dokumentationen zu zwei
schönen Beobachtungsabenden:


Ein Abend im südlichen Münchner Umland

Mit Ralph und Stathis - Mittwoch abend, den 23. Februar 2022

Ein sehr netter Abend zur gemeinsamen Beobachtung ! Ich fuhr mit der S-Bahn zu Ralph in die
Münchner Vorstadt, und gegen 19:00 ging es los. Wir suchten wieder einen von Ralph's bevorzugten
Spechtelplätzen im südlichen Münchner Umland auf, wo wir uns mit Stathis verabredet hatten; mit
im Gepäck Ralph's 20-Zöller und auch mal wieder mein alter 6-Zoll "Bebra" Dobson, der gerade
bei Ralph stationiert ist.

Ralph hat zu dem Abend einen kleinen Bericht geschrieben, und ich gebe ihm das Wort:

"... Stathis macht Aufnahmeserien mit dem 100mm Canon von über 3 Stunden, um Details im Orion
zu erfassen. Ich baue heute sogar den 20iger auf. Einige Zirrenschleier ziehen durch. Natürlich muss
der Orionnebel angeschaut werden. Der Pferdekopfnebel ist mit H-beta sichtbar, aber nicht gerade
beeindruckend.

Ich sehe den Winter Albireo 145 CMa im verbesserten Bebra 6" mit deutlichem Farbkontrast von gelb zu
grau. Dann auch sehr nett im 15x50, schwierig im Swaro 8x42. Unweit steht der interessante Sternhaufen
NGC 2362 in CMa, mit einem sehr hellen Stern Tau CMa, der 5000 Lj entfernt ist. Der extrem helle, zum
Sternhaufen gehörige O-Supergigant hat 50 Sonnenmassen. Seine zwei größten, nicht gesehenen,
Begleiter haben je nochmals ca. 18 Sonnenmassen.

Am 20-Zöller: v.l. Stathis und Ralph

20- und 6-Zöller in Aktion

Im 20iger schaue ich M82 an, die Kondensationen darin sind im 7mm Nagler recht gut erkennbar. M97
ist groß und hell, die Augen des PN für mich nur angedeutet, sicher stört da die Münchner Lichtkuppel.
Besonders gut gefällt mir der prächtige NGC 2438 PN in M46, der einen deutlichen, hellen Rauchring zeigt.
Leicht auszumachen ist Rigels kleiner Begleiter im 20". Laut Wiki kann die Sichtung sogar mit 6cm Öffnung
funktionieren. Der Abstand beträgt 9.3", und die Helligkeiten 0.28m und 6.8m.

Es kommen zwei interessierte Besucher. Es sind Reiter, die sehr interessiert sind und von uns eine fundierte
Führung bekommen. Die Zirren sind inzwischen fast verschwunden, der Himmel ist ausreichend dunkel und
die Wintermilchstraße im Süden deutlich zu sehen. Immer wieder werden die Ferngläser benutzt, und
bisweilen ist der große Newton daher etwas verweist. Das ist wieder ein starker Hinweis auf die Attraktivität
des binokularen, ballastbefreiten Beobachtens ... Gegen 23 Uhr fahren Ben und ich nach gelungener Aktion
wieder nach Hause."

Ja, war echt griabig da draußen - und schön, Stathis mal wieder zu treffen. Wir hatten nette Gespräche, und
das alles bei vergleichsweise milden Temperaturen. Ich war eine Zeitlang am kleinen Leichtbau 6-Zöller
zugange, und hatte vor allem die Objekte drin, die Ralph bereits beschrieben hat. Zudem zeigte ich unseren
nächtlichen Gästen noch einige Highlights. Bebra machte bei allem eine gute Figur :)

Der 6-Zoll "Bebra" Dobson vor dem Winterhimmel


Ein Abend in Geigersau

Freitag abend, den 4. März 2022

Seit einigen Tagen schon hatte die Wetterprognose für die Nacht Freitag/Samstag recht vielversprechend
ausgesehen, sodass ich mir für den späteren Nachmittag frei genommen hatte. Der zeitige Aufbruch erlaubte
es dann, den Höhenrücken von Geigersau noch bei Helligkeit zu erreichen; als Fernrohr mit im Gepäck mal
wieder der "Fünfling".

Dem schönen Sonnenuntergang folgte ein farbenfrohes Abendrot, und das alles bei fast vollständiger Ruhe.
Eine sehr angenehme Stimmung; ich mag es auch mitzuerleben, wie es dunkler wird und nach und nach die
Sterne herauskommen.

Wie schaute der Himmel aus ? Es gab eine ganze Menge Dunst in Horizontnähe, und die Silhouette der Berge
erschien eher schemenhaft als gestochen scharf. Später wurde auch das Licht der umliegenden Orte deutlich
spürbarer gestreut hat als zum Beispiel in der ausgezeichneten Nacht vor zwei Jahren an gleicher Stelle.
Weiter vom Horizont weg waren die Bedingungen aber sehr ordentlich, und es blieb gleichermaßen klar und
auch trocken. Wenngleich die Vorhersage von Meteoblue schon stimmte: Das Seeing war nicht toll, sodass ich
mich weitgehend auf kleinere Vergrößerungen beschränkt habe - für 45- und 100-fach langte es aber allemal;
im 24er Panoptik und 11er Nagler gab es so manchen knackscharfen Puderzucker-Sternhaufen zu bestaunen :)

Sonnenuntergang

Mein 9,5-Zoll "Fünfling" unter der schmalen Mondsichel

Sternhaufen-Tour tief unten im Süden

Für diese Nacht lag mein Augenmerk besonders auf Offenen Sternhaufen. Der klassische Winterhimmel
kommt Anfang März ja bereits merklich unter Druck, schon bei Dunkelwerden steht der Orion jenseits des
Meridians. So bin ich mit dem 9,5-Zöller gleich unten im Großen Hund eingestiegen, der jetzt optimal stand.
Absolut lohnend der junge Haufen NGC 2362: Mit dem physisch zugehörigen (Mehrfach-) Riesenstern
Tau CMa, der - wie von einem Hofstaat umgeben - ein Halo schwächerer Sterne um sich schart. Und nicht
weit entfernt zeigte der Farbkontrast-Doppelstern 145 CMa, warum man ihn zurecht als "südlichen Albireo"
bezeichnet.

Nebenbei stellte ich unten im Hasen den deutlich roten Stern R Leporis ein, im Fernrohr echt ein richtiger
"Blutstropfen". Und auch den Orionnebel M42, den ich im Lauf der Nacht mehrmals drin hatte. Was soll
ich sagen ? Wie immer grandios, wird mir nie langweilig :)

Dann ging es über M93 - ein 6 mag heller, augenfälliger "Faustkeil" - zu M46. Hier verteilt sich eine
Vielzahl von Sternen recht gleichmäßig über einen rundlichen Haufen, gespickt mit einer nur scheinbar
zugehörigen Perle: Der planetarische Nebel NGC 2438 liegt uns räumlich vorgelagert. Bei 100-fach
war er deutlich als Ringnebel mit zentralem Loch zu erkennen - sehr schön ! Am sehr hellen und locker
aufgebauten M47 vorbei ging es nach Norden, zu zwei eher weniger bekannten Melotte-Haufen: Zum
einen die gebogene Sternkette von Mel 72, sie erinnerte mich an eine Hängematte, die zwischen ein
paar helleren Sternen auf beiden Seiten eingehängt ist. Zum anderen der immerhin 7 mag helle Mel 71,
sehr dicht und sternreich - lohnt sich allemal !

Den Einhorn-Hauptstern Alpha Mon nahm ich zum Ausgangspunkt für eine weitere Starhopping-Suche:
Zuerst ging es am 7,6 mag hellen Haufen NGC 2506 vorbei, dessen Umriss mich an ein "U" erinnert.
Bei 100-facher Vergrößerung löste er sich in etliche feinste Sternchen auf, deren Anzahl mit indirektem
Sehen nochmal beträchtlich gewachsen ist - eindruckvoll. Schließlich wartete noch NGC 2539, da fiel
eine Art Geflecht aus "eigentümlichen Sternketten" sogleich ins Auge. Ein interessanter Sternhaufen,
mehr Details kann man bei Walter nachlesen, der dazu ein Astrotreff-Monatsthema erstellt hat.

Weiter im Westen kam auch der sternreiche Haufen NGC 2360 wieder sehr eindrucksvoll rüber. Er diente
gleichzeitig als Einstieg zum Aufsuchen von NGC 2359: Dieser Wolf-Rayet Nebel präsentierte sich als
richtiges Schmuckstück; mit OIII-Filter konnte ich alle wesentlichen Details erkennen, die ihm zu dem
Beinamen "Thor's Helm" verholfen haben.

Im Osten: Der Löwe steigt höher

Im Süden: Großer Hund, Orion und Hyaden

Zwei alte Haufen in den Zwillingen

Mir kamen noch die Sternhaufen NGC 2420 und NGC 2266 in den Sinn: Beide sind grob 10000
Lichtjahre entfernt, und dürften abseits der Hauptebene der Milchstraße ein eher ruhiges Dasein
fristen; jeweils ziemlich alt, dabei recht sternreich und kompakt - beide gefielen mir bei 45-fach gut.
Bei NGC 2266 war die dreieckige Form mit der Kette hellerer Sterne entlang einer Kante augenfällig.
Unterwegs zu NGC 2420 traf ich auch auf den bekannten und hellen Planetarischen Nebel NGC 2392:
Der Eskimonebel hob sich wie gewohnt allein schon wegen seiner ins türkis gehenden Farbe deutlich ab.

Auf Nebenwegen im Fuhrmann

Ein weiteres Ziel waren für mich die vier Offenen Sternhaufen im Fuhrmann, die Christoph in einem sehr
detaillierten Monatsthema im Astrotreff vorgestellt hat: Mit viel Details zu deren Struktur, Alter als auch
räumlicher Einordnung innerhalb unserer benachbarten Spiralarme. Sie sind alle relativ unbekannt, und
liegen somit auch abseits vielbegangener "Schleimspuren" ...

NGC 2240 hob sich als lockere Struktur von einigen helleren Sternen erkennbar vom Hintergrund ab,
dabei hilft die nette Sternfigur eines "Kleinen Widders" beim Aufsuchen. Während bei NGC 1857 eine
zentrale Ballung mit einer ganzen Menge kleiner Sternchen ins Auge fiel, in die zusätzlich ein heller
Vordergrundstern eingebettet ist. Die benachbarte Verdichtung Czernik 20 erschien mir aber ziemlich
unauffällig. Das Ganze ist umgeben von einem sternreichen Feld, darunter etliche hellere Sterne.

Das Highlight war für mich hier der rund eine Milliarde Jahre alte, gut 8000 Lichtjahre entfernte Haufen
NGC 2192: Während schon bei 45x etliche Sternchen aus einem kleinen Nebel hervorblitzten, zeigte sich
bei 100x ein immer noch kleiner und ziemlich dichter Haufen mit einer Vielzahl allerfeinster Puderzucker-
Sternchen - großartig ! Nicht weit von Capella weg war Christoph's vierter Haufen dann recht einfach
zu finden, dabei halfen auch seine detaillierten Aufsuchkarten. NGC 1883 liegt mit gut 15000 Lichtjahren
Entfernung bereits weit draußen im "Äußeren Arm" - jenseits des Perseusarms. Bei 100-fach konnte ich
problemlos einige feinste Sternchen innerhalb eines kleinen Nebels erkennen.

Und zum Abschluss ...

So allmählich spürte ich wieder stärker den Wind, und es wurde auch zunehmend kälter. Für mich stellte
sich die Frage: Beobachte ich noch länger - es blieb ja klar -, und übernachte dann im Schlafsack auf
dem Beifahrersitz ? Oder fahre ich bald die anderthalb Stunden zurück, bevor ich die Müdigkeit zu stark
spüren würde ? Ich hab mich fürs Heimfahren entschieden, zum Abschluss wollte ich mir aber noch ein
paar klassische Highlights reinziehen:

Wie gewohnt präsentierte sich der Kugelhaufen M3 sehr ästhetisch mit vielen Einzelsternchen. Unter den
hellen Galaxien nahm ich M64 (mit dunklem "Auge"), NGC 4565 (superschmal mit schönem Staubband),
NGC 4631 ("Fisch" mit hellem Knoten) & NGC 4656 ("Haken"), M51 (Spirale erkennbar) und M81 / M82
(mit tollen Dunkelstrukturen) mit - ein guter Abschluss !

Das Thermometer zeigte -5 Grad, als es kurz vor Mitternacht dann wieder heimwärts ging: Zuerst über
kleinste Sträßchen, danach über einige Hügel hinunter ins Ammertal, und schließlich über die B2 via
Weilheim und Starnberg zurück. Kaum Verkehr, draußen der klare Himmel, im Auto eine für mich
passende Musik; die Heimfahrt bot Gelegenheit, das Gesehene im Geist in Ruhe nachzuvollziehen.
Mal wieder ein schöner Spechtelabend :)


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