Ich hatte mein Dobson-Fernrohr vom letzten Mal noch im Auto. Nach Dunkelwerden hab ich erneut die Region um
Nu Eri anvisiert - sie ist Monatsthema im Astrotreff -, die sich gegen Mitte März schon deutlich auf ihren Untergang
vorbereitet. Die Höhe über dem Horizont reichte aber noch, zumal der Westhorizont hier sehr dunkel ist. NGC 1625
war für mich leicht zu erkennen, NGC 1622 mit indirektem Sehen auch, während NGC 1618 indirekt nur blickweise
auftauchte: Alle drei waren als länglich auszumachen, und etwas einfacher als eine Woche zuvor - wobei der Himmel
da auch richtig gut war für den Standort. Damals bin ich noch im Sternbild Eridanus geblieben - kurzer Rückblick:
"Omikron-2 Eri habe ich gerne nochmal mitgenommen, mit den beiden Zwergsternen daneben. Der 9,5 mag helle
Weiße Zwerg in 83" Abstand ist ganz leicht zu erkennen, und soll ja der einfachste seiner Art am Himmel sein.
Dagegen liegt Sirius B nur halb soweit von uns weg, ertrinkt aber fast im Licht von Sirius A. Tiefer in Richtung
Horizont bin ich über den Farbkontrast-Doppelstern 39 Eri noch zum hellen Planetarischen Nebel NGC 1535
gewechselt: Bei 100x war schön die Differenzierung zwischen hellem Innenbereich und schwächerem Halo zu
erkennen. Das Seeing erschien mir da unten aber nicht gut genug, um mit höherer Vergrößerung noch nach
weiteren Details zu suchen."
Da sie noch recht hoch standen hat es mich gleich mal in die Zwillinge gelockt. Die Sternhaufen M35 & NGC 2158
präsentierten sich im Kontrast wie immer eindrucksvoll, NGC 2158 löste sich im 11er Nagler in feinen Puderzucker
auf. Bei der Gelegenheit besuchte ich auch NGC 2266 und NGC 2420: Beide Haufen sind alt, im Fünfling aufgelöst
und sternreich; sie fristen abseits der Hauptebene der Milchstraße wohl ein eher ruhiges Dasein. Schließlich hab ich
noch NGC 2392 aufgelesen - den hellen Eskimonebel -, sowie den bipolaren planetarischen Nebel NGC 2371/72:
Bei 160x standen zwei kleine Wattebäuschchen eng beieinander; die Südwest-Komponente auffälliger, mit hellem
Kern - sehr nett.
In der Umgebung hatte es genügend Schnee, und so kehrten schließlich noch drei junge Langläuferinnen zu ihrem
Auto zurück, die Skier geschultert. Wir kamen kurz ins Gespräch, und ich hab sie im Fünfling noch einen Blick
auf zwei klassische Highlights werfen lassen: Den Orionnebel M42 und den Sternhaufen M37; es gab interessierte
Rückfragen, zu Coronazeiten war alles halt bisserl mehr aus der Distanz erklärend wie sonst.
Immer wieder hörte ich den Ruf des Waldkauzes. An dem Konzert haben sich mehrere Männchen beteiligt, die Laute
kamen aus verschiedenen Richtungen. Sehr schön, eine echte Bereicherung des nächtlichen Draußen-Erlebnisses :)
M67 ist ein wunderbarer Sternhaufen schon für kleine Fernrohre im Bereich von 80mm Öffnung. Ralph hatte mich
darauf aufmerksam gemacht, dass sich unter den hellsten seiner Sterne nicht nur gelblich wirkende Rote Riesen,
sondern auch einige weißblaue Sterne befinden würden - "Blue Stragglers". Ich sah ansatzweise Farbunterschied,
und bei dem hellen Paar zweier verschiedenfarbiger 10-mag Sterne im Süden (unten rechts im Haufen) konnte ich
die Farben schon eindeutig unterscheiden - sehr interessant ! Ralph erklärt dazu in seinem Bericht:
"Der Sternhaufen ist alt, etwa 4 Milliarden Jahre. Das tolle daran war, dass die hellsten Sterne dort rote Riesen sind, es
aber eine fast gleichhelle Population an 'Blue Stragglers' gibt, die auch heller sind als die sonnenähnlichen, schwachen
Hauptreihensterne... Da die Blue Stragglers und die Roten Riesen sich über ihre Helligkeit von den Hauptreihensternen
eindeutig abheben, weiß man, dass man entweder einen Blue Straggler oder einen Roten Riesen vor sich hat, wenn man
die hellsten Haufenmitglieder anschaut. Jetzt ist es so, dass man den Farbunterschied wahrnehmen kann, denn der hellste
Straggler ist ein weißer B8 Stern und die roten Riesen gelbrote K Sterne. Und da kann man den Farbunterschied sehen
und die Stragglers eindeutig identifizieren. Dass die roten Riesen nicht heller erscheinen, trotz ihrer hohen Leuchtkraft,
könnte daran liegen, dass sie aufgrund der niedrigen Temperatur der K-Klasse viel Infrarot abstrahlen, das wir am
Fernrohr nicht sehen können ... Blue Straggler sind Sterne, die aus einer Kollision oder einem Massetransfer in einem
Doppelsternsystem hervorgehen, so eine größere Masse bekommen, einen jüngeren, blaueren Spektraltyp annehmen
und leuchtkräftiger werden als alle normalen Hauptreihensterne."
Heute wollte ich vom westlichen Löwen ausgehend durch den Luchs nach Norden gehen. Dafür ist der März noch
eine gute Zeit; mit zunehmend später einsetzender Dämmerung und kürzeren Nächten verschwindet diese Region im
weiteren Verlauf des Frühlings ja immer schneller vom Abendhimmel. Ich hatte dabei sowohl einige hellere als auch
ausgesprochen subtile Objekte im Visier.
Die Durchsicht war jetzt richtig gut, das zeigte sich gleich bei meinem Einstieg, der 9 mag hellen Galaxie NGC 2903:
An beiden Enden des zentralen Balkens waren die Ansätze der Spiralarme zu erahnen, was zusammen die Form eines
seitenrichtigen "S" ergibt; den nördlichen Arm konnte ich bereits relativ deutlich ausmachen. An der VSW München
"gehört" dieses Teil dem Rainer, der auch schon seit den 80er Jahren in der Spechtelszene unterwegs ist; aus den alten
Sudelfeld-Zeiten im Umkreis von Hans-Georg stammt die Tradition, dass sich ein jeder "sein" Objekt am Himmel
auswählen kann - nur vergeben darf es noch nicht sein.
Ja, und mein nächstes Ziel war auch gleich "Ollie's Cluster", der gehört dem Oliver Montenbruck. Offiziell heißt es ja
Hickson 44, das Galaxienquartett um NGC 3190: Kam wunderbar im Fünfling rüber, auch das notorisch schwächere
Mitglied NGC 3187 war problemlos zu erkennen - weniger flächenhell als die anderen, aber allemal deutlich.
Weiter im Norden bin ich bei dem gut erkennbaren Galaxienpaar NGC 2964/68 vorbei gekommen, um von hier aus
noch die schmale edge-on Galaxie NGC 3003 anzusteuern; ist eine alte Erinnerung, dass ich hier mal mit meinem
10-Zöller unterwegs war: Ein schmaler Strich, sehr schön ! Danach wechselte ich zum Luchs-Hauptstern herüber:
Hier liegt der 300 Millionen Lichtjahre entfernte Galaxienhaufen Abell 776. Seine zentrale Riesenellipse NGC 2832
war einfach zu erkennen, und steht recht nett im Dreieck mit zwei Doppelsternen. Bei 225x konnte ich ihren Kern
indirekt auch als doppelt wahrnehmen, die zweite Komponente stammt von der engen Nachbarin NGC 2831.
Ein Abstecher nach Westen führte mich schließlich zu "meiner" Galaxie NGC 2683 - wo dieser Bezug deutlich wird,
zeigt sich ja auf meiner Westhimmel-Aufnahme ;-) Offiziell ist das die "UFO-Galaxie", flächenhell, ein tolles Objekt;
mit indirektem Sehen erscheint sie nach beiden Enden hin noch deutlich länger. Das Sternchen im Nordosten direkt
an der NW-Kante der Galaxie war gut zu erkennen. Im 16-Zöller kommt das Staubband über die mehr abgeschnitten
wirkende NW-Kante bei dunklem Himmel deutlich heraus; im Fünfling meinte ich das auch zu erahnen - dabei dürfte
aber meine gute Kenntnis des Objekts "helfen", sodass ich vielleicht mehr gesehen habe als eigentlich "da" ist ;-)
Nun ging es weiter nach Norden zu dem 4 mag Stern 31 Lynxis, dem Einstiegspunkt für eine Suche per Starhopping.
Die Gegend ist richtig abgelegen, tiefste Pampa am nördlichen Sternenhimmel - das erinnerte mich an Südafrika, als
ich bei Hottie auch in abgelegensten Winkeln des südlichen Himmels nach schwachen Galaxien Ausschau gehalten
hatte. Ich hangelte mich zu einer markanten Sternen-Dreierkette hin, die auch im Sternatlas auffällt. Ganz in der Nähe
konnte ich das Fleckchen von NGC 2537 dann gleich erkennen; diese "Bearpaw-Galaxie" zeigt im 20-Zöller sehr
lohnende und eigenwillige Details. Ich war aber wegen der benachbarten IC 2233 hier, das ist eine superschmale
edge-on Galaxie - eine der extremsten ihrer Art: Bei 100x war indirekt ein zarter Strich auszumachen, mit einem
13 mag hellen Sternchen in den Nordteil eingebettet - sehr delikat.
Ich hätte meine Tour im Luchs ja noch gerne weiter fortgesetzt: Auf dem Speisezettel stand noch der lichtschwache
"Kopfhörer" Jones-Emberson 1, und in der Giraffe weitere Galaxien um NGC 2403, bis zur "Integral Sign Galaxie".
Der Blick nach oben zeigte aber, dass der Himmel nicht mehr durchgehend klar war: Es zogen vermehrt Wolkenfetzen
durch, die mal die eine, und mal die andere Himmelsgegend herunter dimmten. Im Fuhrmann sah es gerade gut aus,
und so bin ich mit dem 24mm Okular (45x) auf Sternhaufen-Pirsch gegangen: Die bekannten Messiers - M37 immer
aufs Neue genial gut - und in der Umgebung die hellen NGC 2281 und NGC 1528.
Dann machte der Himmel eine Zeitlang fast komplett dicht, sodass nur noch wenige Sterne durchkamen. Später klarte
es zwar immer wieder auf, nur wurde es jetzt auch zunehmend feuchter: Der Fangspiegel suppte wiederholt zu, und
auch der Hauptspiegel machte keinen transparenten Eindruck mehr. So habe ich mich entschieden, noch heimzufahren,
bevor sich die Müdigkeit bemerkbar machte. Gegen halb zwei war ich wieder zuhause.
Ich habe die Beobachtung nach der längeren Alpenrand-Spechtel-Abstinenz richtig genossen - toll, echt schee !
Und dem Fünfling dürfte es auch gut getan haben, mal wieder weitgereiste Photonen bei alpinem Himmel zu schlürfen :)
In diesen Tagen ist Mars nahe an den Plejaden vorbeigezogen. Am vorhergehenden Samstag abend hatte ich ja mit dem
Fünfling bereits in der Nähe des Ammersees beobachtet. Der Mars wirkte mit bloßen Augen fast wie ein Zwilling von
Aldebaran - gleich hell, aber noch ein bisserl rötlicher. Auf den beiden Aufnahmen kann man gut erkennen, wie er sich
seitdem weiter bewegt hat:
Der Mars relativ zu den Plejaden: Hier am 6. März ... |
... und seine Position sechs Tage später |