Eine schöne Beobachtungsnacht am Auerberg

Nacht von Dienstag, den 24. Juni, auf Mittwoch, den 25. Juni 2020

Mit Ralf und Ralph

Schon neulich war ich zusammen mit den beiden beim Sterngucken gewesen, südlich von München: Ein netter,
sommerlich milder Abend bei beachtlich gutem Himmel im Süden - Ralph hat dazu einen schönen Bericht im
Astrotreff veröffentlicht.

Und bereits zwölf Nächte später haben wir drei wieder gemeinsam beobachtet. Ich hatte für den Auerberg geworben,
sowohl wegen der allgemein guten Himmelsbedingungen, als auch seiner Lage als 1000 Meter hoher Aussichtsbalkon
vor den Bergen. Ralph war selber noch nicht da gewesen - ein Umstand, den wir beide verändern wollten. Und jetzt
taten: Ich habe ihn gegen 18:45 in Herrsching aufgelesen, und bin die gewohnte Route über Weilheim und südlich
am Hohenpeißenberg vorbei gefahren. Ralph schreibt: "Wir fahren durch grünste Wiesenhügel, und an einigen
typischen Drumlins vorbei. Interessant, wie ähnlich und zugleich unterschiedlich das Alpenvorland sein kann,
gegen 20:00 kommt der Auerberg in Sicht."

Das Wetter war noch durchwachsen, die meisten Wetterberichte versprachen aber ein Aufklaren so gegen zehn bis
elf Uhr abends. Erstmal sind wir im Berggasthaus eingekehrt, um uns auf der Terrasse für die Nacht zu stärken,
ehe es über den kleinen Weg zu unserem Beobachtungsplatz ging. An Fernrohren galt es nur, zwei Leichtgewichte
hinüber zu tragen: Ich den 9,5-Zoll Fünfling, und Ralph seinen 70mm Refraktor.


Bis auf ein gekennzeichnetes Bild stammen alle Aufnahmen von Ralph Muth.

Hinfahrt: Den Auerberg direkt im Blick

v.l.: Ben und Ralf mit ihren 9,5-Zoll "Fünflingen"

Ralph notiert: "Wir finden die Bank von einem Radler besetzt, der jedoch das Feld schon räumt und uns zum
Beobachten ermuntert, hat er doch auch einen Freund, der den Sternen hold ist. Dann breite ich mich auf der
westlichen Bank aus. Ich schaue eine ganze Weile mit dem 8-16x21 Zoom Feldstecher in der Gegend herum und
rutsche langsam in die Dämmerung hinein. Das Panorama ist gar nicht zu verachten, ein schöner, ungezwungener
Ort im Gras. Gegen Zecken sprühe ich ein wenig."

Wir hatten die Geräte schon aufgebaut, als in der Dämmerung eine weitere bepackte Gestalt über den Hügel stapfte:
Es war der zweite Ralf, sodass nun beide Rälf(ph)e in den Genuss ihrer ersten Spechtelnacht auf dem Auerberg
kamen.

Die Nacht entwickelt sich gut ...

Ralph freut sich: "Es hat ein gewisser Wolkenaufzug stattgefunden und mit der jetzt kräftigen Dämmerung und
den ersten Sternen ergeben sich nur kleine Lücken für diese! Ben meint, dass der Wetterbericht vorhersagt, dass die
Wolken nach 23 Uhr verschwinden würden. Wie von Spukes Hand geschieht das auch, die Aufhellung über Füssen
und Reutte zieht sich zurück und bald scheint die Milchstraße zu meiner und unserer großen Erfreuung. Die südlichen
Teile der MW werden etwa so deutlich, wie beim letzten, exzellenten Besuch südlich der Stadt. Die restliche
Milchstraße bis Cassiopeia ist jedoch wesentlich besser, der Himmel kontraststark. Super."

... - mit tollem Seeing, Jupiter sehr gut

Auch Ralf hatte seinen Fünfling dabei, und er meldete schon bald einen sehr guten Jupiter: Wir sahen ein scharfes
Bild mit vielen Details in den Wolkenbändern, was ich in meinem eigenen 9,5-Zöller bestätigen konnte. Im Laufe
der Nacht hat sich zudem der GRF ("Großer Roter Fleck") ins Blickfeld hinein gedreht. Ja, das Seeing war sehr gut !
Das meldelten übrigens auch andere Beobachter, die in der gleichen Nacht etliche hundert Kilometer von uns entfernt
unterwegs gewesen sind.

Die Kirche ist bis elf Uhr beleuchtet

Das Milchstraßenzentrum rückt nach Süden (Bild: Ralf Hentschel)

Mit dem Fünfling gemütlich unterwegs

Wie man es vom Auerberg kennt, wird die Kirche noch bis 23:00 beleuchtet. Ende Juni fällt das kaum ins Gewicht,
da wird es ja gerade einmal dunkel. Dennoch kann man dem ganz gut begegnen, indem man sich so platziert, dass
eine Baumgruppe die Kirche verdeckt - Ralf hat das so gemacht.

Die Nacht blieb durchgehend trocken und recht mild, die Optiken sind nicht beschlagen; bei einem wirklich guten
Himmel - so schee scho ! Ich hatte mir gar keine Pläne für die Nacht gemacht: Einfach bisserl stöbern, am Himmel
alte Bekannte besuchen, das Drumherum genießen - Hans-Georg hat dafür den Begriff Genuss-Spechteln eingeführt :)
Der gute Horizont im Süden lockte mich für einige Zeit in die hellen Sternwolken im Schützen: Immer wieder reizvoll
Lagunen- und Trifidnebel mitzunehmen, mit zahlreichen Details, und den hellen Kugelhaufen M22 - im Fünfling sehr
schön aufgelöst, großartig !

Von meinem Sternhaufen-Projekt mit dem 120mm Refraktor habe ich etliche Pfade noch so ungefähr in Erinnerung,
und bei Bedarf konnte ich ja einen Blick in den "Interstellarum Deep Sky Atlas" werfen - hab ich schon mal gesagt,
dass ich den für ausgesprochen praxisnah halte, und so richtig gut finde ? ;-) Als Guckloch für die Reise entlang
der Milchstraße diente mir das 24er Panoptik-Okular: Bei 45-facher Vergrößerung ging es bei etlichen Sternhaufen
vorbei, ob Messiers oder unbekannteren wie NGC 6568 (nahe My Sgr) oder Trümpler 35 (nahe M11). Außerdem
auch durch Bereiche von Adler und Schwan, z.B. mit den Sternhaufen NGC 6709 (mit zwei "Insektenaugen") oder
NGC 6866 (schön mit "Windschirm" der Kite-Surfer).

Zu den Highlights haben wir uns öfters gegenseitig besucht; und ein interessanter Vergleich, wenn Ralf in seinem
9,5"er das 9er Nagler drin hatte, und ich bei mir das 11er - bei gleichen Objekten, aber etwas unterschiedlicher
Vergrößerung. Ich erinnere mich an einen tollen Gasnebel M17, die Kugelhaufen M13 und M92 schön im Fünfling
aufgelöst - dabei M92 deutlich kleiner und dichter gedrängt. Und Cirrus- und Nordamerikanebel offenbarten mit
Filter zahlreiche Details.

v.l. Saturn, Jupiter und Skorpion entlang des Horizonts

v.l Ralf und ich an meinem Fünfling

Aus Ralph's Aufzeichnungen

Ralph über seine Beobachtungen: "Ich sehe mit dem 70er auf den Trifid, und erkenne beide Teile recht deutlich.
In M24 kann ich den kleinen, extrem kompakten Sternhaufen ausmachen, den ich letztlich im 20-Zöller angeschaut
hatte. Ein 70er ist schon ein richtiges Fernrohr und meinen Begleitern gefallen die feinen Sterne auch. Etwas länger
habe ich mich mit M17 beschäftigt. Direkt darüber fällt mir eine kleine, dekorative Sterngruppe sehr auf, die wie
ein sparsamer Sternhaufen aussieht. Ich kann allerdings keine Informationen dazu finden. Zwar ist M17 selbst ein
großer Sternhaufen, viel größer als der Orionnebel, wo junge Sterne im Hunderterpack entstehen, doch könnte die
kleine Sternengruppe auch Vordergrundsterne sein. Immerhin ist M17 ca. 5000 Lj entfernt im Sagittarius Arm
gelegen, und über die lange Strecke lassen sich leicht einige Sternchen zufällig so zusammenfinden.

Der Cirrus im 70er ist ein flaue Angelegenheit und hier ohne Filter nur der große Bogen zu sehen. Im Feldstecher
finde ich die kleine, hübsche Raute von NGC6888, natürlich ohne Nebel. Es plagt uns einiger Wind, und dort vor
allem die leichten 5 lings-Segler, die sich je zwei Zusatzgewichte wünschen. Jupiter strahlt jetzt schön weiß und
ist im Fünfling fein scharf.

Die Zeit schreitet voran, und die Milchstraße wölbt sich über mir. Wir schauen im 70er mit 24mm Pano auf den auf
den Nordamerika, der ist auch recht schön zu sehen, auch wenn hier mehr Helligkeit sein dürfte. Bei f7 ist die AP
halt nur gut 3mm. Schon auch im kleinen Fernglas schön sind die kleinen, konzentrierten Dunkelnebel nördlich
des Nordamerikanebels."


Ich habe gegen 3:00 Schluss gemacht, als sich die Dämmerung spürbar bemerkbar machte. Mein Nachtlager schlug
ich an der östlichen Bank auf, Ralph hatte sich bereits gebettet - er schreibt: "Gegen 2h30 lege ich mich an der Bank
schlafen, ich tauche ab wie ein Stein ..."

Nach einer schönen Draußen-Nacht: Morgenpanorama mit Ammergauer (links) und Tannheimer Bergen (rechts)


... und wache erst in der Sonne wieder auf, fühle mich, als wäre ein Zug über mich gerollt in der Nacht.
Doch habe ich genug geschlafen und werde brauchbar munter. Gegen 8:00 fahren Ben und ich wieder zurück.
Um kurz vor elf komme ich zu Hause wieder an."

Ich fühlte mich am Morgen hingegen recht gut, wenngleich es nur rund drei Stunden Schlaf gewesen sein dürften.
Mein letzter Auerberg war um Neujahr mit Johannes gewesen, und da hatte ich den Sonnenaufgang live im Süd-
osten über den Ammergauer Alpen erlebt. Jetzt im Juni stand die Sonne natürlich schon längere Zeit am Himmel,
bis sie in Ost-Nordost hoch genug über den Wald und meine Bank gekrabbelt war, um meinen Schlafsack zu erreichen.

Apropos Wald im Nordosten: Der steht da goldrichtig, um eine Menge Licht ganz gut abzuschirmen. In der Richtung
summieren sich die Lichtdome von Schongau/Peiting (15 Kilometer Luftlinie enfernt), Weilheim (30 Kilometer)
und schließlich auch noch der von München in 70 Kilometer Entfernung hintereinander auf ! Das hellste Licht
am Platz ist dann auch das vom knapp 10 Kilometer entfernten Marktoberdorf, das sich durch die Baumlücke
im Nordwesten bemerkbar macht.


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