Zwei Nächte am Auerberg und im Risstal

Einmal die Nacht vor Silvester mit Johannes, und dann die Nacht nach Silvester allein - jeweils mit meinem
9,5-Zoll Fernrohr, dem "Fünfling".


Eine gute Nacht am Auerberg

Mit Johannes (HF)

Nacht von Montag, den 30. Dezember, auf Dienstag, den 31. Dezember 2019

Für die Nacht vor Silvester deuteten die meisten Wetterberichte einen klaren Himmel zumindest bis Mitternacht an,
ehe dann von Norden her Wolken hereinziehen sollten - mit der Tendenz, dass es nach Westen hin etwas länger klar
bleiben würde. So bot sich mal wieder ein Besuch auf dem Auerberg an, wo es außerdem noch ein schönes Gasthaus
zur vorherigen Stärkung gibt. Der zunehmende Mond würde noch vor 9 Uhr untergehen, und daher sollten sich doch
ein paar schöne Stunden am Fernrohr ausgehen !

Johannes war mit dabei, und zu zweit war in meinem Auto reichlich Platz für meinen 9,5-Zoll "Fünfling" und seinen
neuen 8-Zoll Dobson, der zerlegt in einer Kiste transportiert wurde. Johannes hat einen Bericht geschrieben, und ich
gebe ihm das Wort: " ... Anfänglich können wir bis Starnberg die Garmischer Autobahn nutzen, sodann von Starnberg
nach Weilheim, Peißenberg, hinter Peiting noch über den Lech, dann endlich südwestlich nach Bernbeuren, von wo
nach W die Straße zum Gipfel hinaufzieht. Einen Hauch von Winter vermitteln die Reifwiesen in den Schattenlagen
der Bäume. Die zeitige Abfahrt hatte auch den Hintergrund, noch bequem ein Abendessen einnehmen zu können,
nördlich des Parkplatzes 20m oberhalb ist ein Gasthaus. Vorher bekam ich von Ben schon den Platz gezeigt, kaum
mehr als 5 Minuten vom Parkplatz südwärts, bis man über den Südabhängen steht. Ben hat den sechsten Fünfling
dabei, ein größeres Gerät würde wohl auch noch in Teilen rüberzuschaffen sein."

Abendstimmung am Platz vor den Ammergauer Alpen


Johannes fährt fort:"Nach getaner Mahlzeit, schon später als 6 tragen wir das Zeug rüber ... Da sind zwei Bänke am
Südrand dieses weiten Aussichtsbalkons in die Berge, wirklich ein sehr schöner freier Blick. Zu den Seiten stehende
Bäume stören kaum, sie fördern eher ein behagliches Ambiente. Und mögen auch den Wind dämpfen. Besagte Bänke
sind eine Wohltat für jene Spezies Astronomicus, die ihre Fernrohre erst aufbauen müssen und dabei doch vermeiden
wollen die sauberen Teile im Morast abzulegen. Direkt davor ist aber kaum freier ebener Platz, erstmal stellte ich den
nach 10 Minuten Aufbauzeit funktionalen HRD (nicht Hertzsprung-Russell-Diagramm, sondern Hofheim-Reise-Dobson)
auf dem Wulst am Ende der als Bank-Fußraum dienenden schmalen Terrasse auf, hinter es es merklich hinabging. Das
schon absehbare Hauptproblem war, daß dort der Stuhl kaum benutzt werden konnte - und dieses Holzteil aus der
Frühzeit der Möbelfabrikation, das noch daheim rumlag hatte sich als perfekt erwiesen, um sowohl in Zenit- als auch
Horizontlagen einen bequemen Okulareinblick zu erhalten. Deshalb wanderte das Teleskop aufwärts, wo einige m
nördlich flache Stellen waren und Ben schon sein Gerät aufgestellt hatte. Im Laufe der Beobachtung merkte ich aber
schnell, daß da die beleuchtete Kirche im N ganz schön einstrahlte, deswegen verschob ich noch leicht nach W, von wo
die hinter einem Baum verdeckt war (Sage keiner, die Abschattung durch Bäume könnte nicht auch segensreich sein)".

Es wird dunkel

Johannes ergänzt:

"Die Beobachtungsnacht fand ihren Anfang in einem hochwillkommenen Störenfried, der sich bald verabschieden würde:
einer pikanten Mondsichel, womit ich gleich den Sucher justierte... noch eine Fernrohrjustierung per Kolli-Okular, aber
ich bin nicht übermäßig gründlich. Solch eine Sichel mit ihrem aschgrauen Mondlicht ist immer eine Schau und eine
würdige Ouvertüre. Dann gleich etwas Fernlicht: den M31 samt Kompagnons - sehr augenweid(inger)ig. Und M33 -
in Bens Gerät sah ich deutlich das gebogene gespiegelte S. Im 8" doch etwas weniger auffällig. Der Orionnebel war
beglückendes Pflichtprogramm, da ist eine unglaubliche Menge an Details zu sehen; ein berauschendes Meer, das zu
zeichnen hieße, die Zahl der Objekte dieser Nacht um den Faktor zehn zu reduzieren. Nein, exorbitant schlecht scheint
der Platz nicht zu sein..."

Die Kirche mit dem Großen Wagen

A propos M42: Die Nacht entwickelte sich ausgezeichnet, wobei ich auch das Seeing meine. Der Orionnebel zeigte sich -
gemessen an den 9,5 Zoll Öffnung des Fernrohrs - voller schöner Details. Und schon im 11er Nagler, bei knapp 100-fach,
konnte ich ohne größere Mühen alle sechs Trapezsterne erkennen: E war ganz einfach, und auch die F-Komponente zeigte
sich indirekt deutlich.

Ja, wie schon erwähnt trat die Spirale in M33 klar hervor, und neben der hellen HII-Region NGC 604 konnte ich auch die
drei in der Galaxie enthaltenen NGC-Knoten 588, 592 und 595 gut identifizieren. Weitere Highlights waren die offenen
Sternhaufen M35, M37, M36 und M38, der kleine Gasnebel NGC 1931 ganz in der Nähe, und der spektakuläre Alamak -
ein Farbkontrast-Doppelstern allererster Güte.

Verschiedene Galaxien

Die Galaxie NGC 891 offenbarte ihr Staubband, und ganz in der Nähe warf ich auch mal wieder einen Blick auf die
flächenhelle Galaxie NGC 1023 - "das Objekt von Hans-Georg", schön in eine sternreiche Gegend am Rand der Milch-
straße eingebettet. Von hier aus unternahm ich einen Ausflug zu NGC 925 im Dreieck, vorbei an mehreren Galaxien:
Zuerst über NGC 1058 (11 mag), und dann über ein paar Exemplare um 12,5 mag Helligkeit: NGC 1050, NGC 987
und das Paar NGC 978 und NGC 969. Das Ziel NGC 925 zeigt in größeren Fernrohren interessante Spiraldetails, im
Fünfling wurde das deutlich längliche Kerngebiet augenfällig. Zudem hab ich noch bei zwei alte Bekannten vorbei
geschaut: Der Perseus-Galaxienhaufen Abell 426 und die Gruppe um NGC 383 präsentierten etliche zarte Fleckchen.

Monatsthema im Astrotreff

Ich habe auch drei offene Sternhaufen eingestellt, die in dem aktuellen Monatsthema-Beitrag von Uli im Astrotreff-Forum
vorgestellt werden. Zwei sind etwa 6 mag hell und waren schon Teil meines Projektes "Offene Sternhaufen im 5-Zöller":
Während ich bei NGC 2301 eine lange Sternkette mit zentraler Verdichtung in Erinnerung hatte, macht Uli noch auf eine
dritte Achse in Richtung Osten aufmerksam; bei der sieht er den Kopf des Urvogels Archaeopteryx, wobei die Nord-Süd
Achse unterschiedliche Extremitäten darstellt - fällt sogleich ins Auge, wenn man danach schaut, sehr nett ! Wogegen
ich bei NGC 1746 den Hinweis auf die Form einer Tanne zwar nachvollziehen konnte, die Figur für mich aber nicht so
stark ins Auge fällt. Während der dritte Sternhaufen der Assoziation von Uli wirklich alle Ehre macht: Bei NGC 1662
im Orion konnte ich die Form des Klingonen-Kreuzers sehr gut nachvollziehen. Im obigen Astrotreff-Beitrag werden die
verschiedenen Vergleiche ausgiebig erörtert.

Johannes am 8-Zöller, rechts mein 9,5-Zoll "Fünfling"

Johannes und sein Fernrohr

Weitere Beobachtungen von Johannes

Er führt aus:"Später auf Galaxienpirsch, erstmal M77 und die nebenbei liegende 1055. Und wo ich schon dort war
auch die vorgestern versäumte 936, die sehr hell ist. Weiter in Tri, die eine links von Gamma, die weiter weg stehende
hellere im Coeli, die dort keine Nummer trägt... ist aber laut Tirion die 925 (wusst' ich's doch). Und 672 rechts von Tri.
An 697 in Ari scheitere ich aber. Weiter dann im Eridanus den Planetarischen 1535, sehr fein mit seinem äußeren Halo.
Und weitere Galaxien dort, ich schau einfach, ob die im Coeli eingezeichneten sichtbar, ohne deren Helligkeit nachge-
lesen zu haben - ein Luxus, den man sich mit diesem nicht so weitreichenden Atlas und dem 8-Zöller unter solchem
Himmel erlauben kann... 1421 ist schon schwach, aber im 13mm eindeutig. Und 1407 erweist sich als gut hell, sogar
die 1400 daneben ist sofort auffällig.

Natürlich schau ich etliches Bekannte, der Rosettennebel ist toll, die frappierend helle Zone unter dem Sternhaufen noch
deutlicher als letztens, und im OIII-Filter den mir Ben leiht ist ein geschlossener strukturierter Nebelring zu erkennen.
Super. In Puppis M47 und M46, Ben weist mich noch auf 2360 hin, ein Offener zwischen Sirius und jenen, recht nett
mit einem Helligkeitsgradienten: auf einer Seite hellere, auf der anderen dunklere Sterne! Und zeigt mir dann Thors Helm,
einen Emissionsnebel nördlich davon, wirklich mit zwei Ausläufern zur Seite wie eines Helmes Flügel/Hörner (Ben erzählt
was von einer Interpretation als Schnecke mit Haus). Ich find ihn mit dem schwächeren Okular besser. Für mich eine echte
Neuentdeckung ist NGC 2359 (die Nummer aus den Zeiten, als die Objekte - bis auf wenige Ausnahmen - noch keine
Namen trugen). Nochmal Orionnebel mit perfekter Adaption (an der Huyghens-Region kann man sich schwerlich
sattsehen), auch einen Eskimo. Und als Abschluss M79, am Rand grad aufgelöst. Schon ein sehr dunkler Himmel hier,
wenig Störlicht von S, die doch vorhandene Besiedelung ist oft durch Hügel verdeckt. Und nun ist es 1 vorbei, von N
kommen Wolken. Ich verfrachte mich samt Isomatte, Schlafsack und Fernrohr unter eine Baumreihe 15m westlich, kurz
vor der Lücke, wo der Weg diesen Streifen durchläuft."

Sonnenaufgang über den Ammergauer Alpen

Weiter Blick ins Land


Ich war morgens beim Sonnenaufgang wach, und konnte schön verfolgen, wie die Sonne über den Ammergauer Alpen
auftauchte - am nördlichen Kamm der Bleickberge. Ein immer wieder schönes Erlebnis, wie das Licht erst die höheren
Berge anleuchtet, und dann allmählich in die weiter unten gelegenen Bereiche krabbelt - bis es dann auch bei uns ankam.
Ich hatte mir für den Morgen wieder eine ungeöffnete Thermoskanne übrig gelassen, die dann zumindest noch lauwarm ist -
ein Stück Lebensqualität nach einer Draußen-Nacht. Die Heimfahrt verlief problemlos; schee wars, eine wirklich
gute halbe Nacht am Auerberg !

Unser Nachtlager morgens

Johannes packt zamm



Eine kalte Nacht im Risstal

Nacht von Mittwoch, den 1. Januar, auf Donnerstag, den 2. Januar 2020

Ich war vom Auerberg und Silvester her schon recht übermüdet, aber da ich den Freitag nach Silvester frei hatte, kam
eine weitere Spechtelaktion zumindest in Frage. Die Wetteraussichten versprachen für Krün - nicht weit vom Eingang des
Risstals entfernt - sehr gute Bedingungen: Klar, gutes Seeing, trocken, nicht unter -5 Grad am Morgen. Und der Fünfling
und die warmen Klamotten lagen noch im Auto, also: Nochmals aufraffen, auf geht's !

War schon zapfig kalt ...

Der Mond war mittlerweile ja zwei Tage größer, und so war ich erst gegen 23:00 am Platz. Das mit dem Temperaturen
stimmte dann nicht so ganz. Schon bei der Ankunft zeigte das Auto eine Außentemperatur von - 9 Grad an, und das hab
ich draußen dann schon als ganz schee koid empfunden. Es war auch feuchter als erwartet, wohl etwas Inversion, und die
Okulare zeigten zunehmend eine gewisse Neigung zum Beschlagen. Kurzum: Die Nacht war zwar völlig klar, aber allzu
lang hab ich es bei der Kälte dann auch nicht draußen ausgehalten.

Am Platz mit Blick nach Süden


Der Orionnebel war nicht ganz so gut wie zuvor am Auerberg, ich konnte bei 100x auch nur fünf Trapezsterne erkennen,
die Luft war eben nicht mehr so ruhig. Ich habe schnell noch ein paar weitere Highlights aufgesucht, auch wenn man die
schon so gut kennt: der Anblick beeindruckt mich immer wieder aufs Neue, "live" am Fernrohr ist halt was Besonderes :)

Der Artikel von Anne in "Astronomie - das Magazin" über Objekte im Luchs hat mich ermuntert, mal wieder in der Region
Giraffe-Luchs zu stöbern. Ich hatte vorab ein paar Aufsuchpfade genauer studiert, um bei der Kälte vor Ort nicht ganz
so lange den Atlas konsultieren zu müssen. In den Weiten dieser sternarmen Region ist man ja wirklich voll in der Pampa
unterwegs ! Bei der sehr dünnen Integral-Sign Galaxie UGC 3697 (13 mag) in der Giraffe erinnere ich mich, dass ich die
Biegung an einem Ende in meinem alten 10-Zöller schon ausmachen konnte; diesmal erkannte ich nur die schmale Form.

Unterwegs im Luchs

Dann in den Luchs gewechselt, und zu Anne's Objekten: IC 2233 - nahe der "Bearpaw-Galaxie" NGC 2537 - ist auch ein
alter Favorit von mir. Der Fünfling zeigte klar den superdünnen Strich, der sich mit indirektem Sehen nochmal deutlich
verlängerte - eine der extremsten "Superthin-Galaxien" die ich kenne, und bei richtig dunklem Himmel im Bereich von
10-Zoll gut machbar ! Beim Planetarischen Nebel "Jones-Emberson 1" konnte ich die beiden "Kopfhörer" im 11er Nagler
bei knapp 100-fach mit OIII-Filter auch klar ausmachen; der Nebel ist in Summe ja 12 mag hell, aber sehr ausgedehnt.
Bei "Purgathofer-Weinberger 1" (PuWe1) hab ich hingegen nichts gesehen, im 16-Zöller hatte ich mit OIII mal eine
schwache Aufhellung erkennen können.

Ich spürte mittlerweile die Kälte sehr stark, und musste auch die Okulare schon öfters mal wärmen. So hab ich mich trotz
weiterhin klaren Himmels irgendwann nach 1 Uhr entschlossen, die Beobachtung zu beenden - i muas ja niemand was
beweisen ;-) Als Betthupferl bot sich noch "meine" Galaxie NGC 2683 an, insgesamt 9,7 mag hell, dabei schön flächenhell
und auch im Luchs gelegen. Anne weist in ihrem Artikel darauf hin, dass diese "Ufo-Galaxie" mit indirektem Sehen auf
beiden Seiten noch deutlich länger erscheint - ein immer wieder lohnendes Objekt !

Der 9,5-Zoll "Fünfling" unter dem Großen Wagen

Der Winterhimmel rückt allmählich nach Westen

Dann hab ich noch ein paar Stimmungsbilder gemacht, und bin tief eingepackt ein wenig auf dem kiesigen Schuttstrom
des Rissbaches herumgelaufen - eine schöne Stimmung mit den Bergen und dem klaren Winterhimmel drüber. Schließlich
wartete der dicke Schlafsack im Auto; unbequem zwar auf dem umgelegten Beifahrersitz, bei der Müdigkeit kamen aber
fast 5 Stunden Schlaf zusammen, weit genug für eine sichere Heimfahrt.

Am Morgen hatte es dann -10 Grad, und die Autoscheiben waren außen und innen tief mit Eis überzogen. Zum Glück
wartete erstmal ja ein (lau-)warmer Tee ...


Zurück zur Hauptseite