Eine schöne Nacht an der Winterstube

Nacht von Samstag, den 26. Oktober, auf Sonntag, den 27. Oktober 2019

Mit Marine, Ralph, Saad und Yaro.

Für das Wochenende hatten die Wetterberichte ein Fenster klaren Himmels vorhergesagt, das irgendwann im Lauf der
Nacht auf Samstag aufgehen, und sich über die zweite Nacht auf Sonntag hinaus halten sollte. Eine gute Gelegenheit,
den 20-Zöller von Ralph mal wieder in die Berge auszuführen, und da haben wir uns wie so oft auf die Winterstube
verständigt - einer unserer nächstgelegenen alpinen Spechtelplätze. Meteoblue rechnete für diese Gegend mit keiner
hohen Luftfeuchtigkeit, und so hofften wir auf möglichst trockene Bedingungen. Der Rest lief wie gehabt: Ich hab
einen größeren Rucksack gepackt, und bin mit der S-Bahn zeitig zu Ralph in die Vorstadt rausgefahren. Unterwegs
haben wir uns noch in einer Kreuther Wirtschaft gestärkt - auf den Bänken draußen wars scho recht frisch -, um die
Winterstube noch schön bei Helligkeit zu erreichen: das mögen wir beide, und ist beim Aufbau des Fernrohrs auch
angenehmer.

Marine war auch interessiert, und selber motorisiert. So konnte sie auch noch zwei weitere junge Mitglieder der VSW
mitnehmen - sie hat dazu notiert: "Zunächst wird alles im Auto verstaut. Schlafsäcke, Isomatten, Dicke Klamotten, Tee,
zwei Feldstecher von der Sternwarte (ein weiteres Teleskop ist mir dann zu viel) , eine kleine Leiter (Ben hat abends
noch angerufen und von dem Mangel berichtet, also schmeiße ich eine in den Kofferraum, damit wir nicht in die pein-
liche Situation kommen, wo wir nicht durchs Teleskop schauen können, weil der Okularauszug einfach zu weit oben ist.)
Dann verstauen wir noch uns selbst, also Saad, Yaro und ich ... "

Noch bei Helligkeit richtet Ralph ...

... seinen 20-Zöller ein

Es sollte noch dauern, bis die drei bei uns ankommen; mittlerweile war es schon dunkel, und Ralph und ich bereits am
Fernrohr aktiv. Das Seeing taugte für die tiefstehenden Planeten nicht so recht, aber im Westen stand ...

Ein ungleiches Paar im Adler

... der Adler noch über dem Horizont. Mir fiel ein, dass Rene im Rahmen des Astrotreff-Monatsthemas ein Doppelobjekt
vorgestellt hat, das ich bislang noch nicht beobachtet hatte. Ich war allerdings nicht vorbereitet, und wusste nur noch: Das
Ganze liegt im westlichen Adler. Mithilfe des "Interstellarum Deep Sky Atlas" fand ich eine Stelle, wo ein Sharpless-Nebel
und ein schwacher Kugelhaufen benachbart liegen - das mussten sie sein ! Im 20-Zöller konnte ich den Planetarischen Nebel
Sh 2-71 klar erkennen, länglich mit einem Stern, und nicht weit entfernt auch den eher zarten Flausch des Kugelhaufens NGC
6749. Allerdings waren mir die Posts aus dem Monatsthema nicht mehr präsent, sonst hätte ich für den Nebel unbedingt noch
den OIII-Filter verwendet; mit dem dürften weitere Details zu erkennen gewesen sein, wie sie im genannten Astrotreff-Post
beschrieben sind.

Astrobuffet für unsere Nachbarn

Wir wurden aber ohnehin bald abgelenkt: Der Parkplatz war dieses Mal so gut gefüllt, wie ich es an der Winterstube nachts
noch nicht erlebt hatte. Schon bei Helligkeit war einigen Nachbarn der 20-Zöller als mehr oder weniger seltsames Trumm
ins Auge gefallen. Das weckte ihre Neugier, und wir kamen bald ins Gespräch, und boten natürlich auch einen Blick durchs
Fernrohr an, sobald es dunkel war. Ja, und so galt es abends erst einmal ein Astrobuffet anzurichten: Was es so an Highlights
gab wurde kredenzt, ich erinnere mich an M13, M15, M27, Albireo, M57, h+chi oder den Andromedanebel. Einer von uns
stellte was ein, der andere erklärte astronomische Hintergründe. Mitunter bildeten sich Schlangen am Fernrohr; zwei Paare
waren besonders interessiert, kamen öfters - die Objekte machen draußen in den Bergen mit einem größeren Fernrohr schon
richtig Eindruck, das kenne ich von vielen Gelegenheiten. Zwei Jungen sausten in der Umgebung herum, und warfen auch
mal einen Blick durch das Fernrohr - kurzum, ein bisserl wars wie bei Karneval ;-) Es fiel dann aber gar nicht schwer,
diese Nachbarn davon zu überzeugen, die Lichter in ihren Wohnmobilen abzublenden.

Einer unserer Gäste entpuppte sich als ein Beobachter, den wir schon vom Taubenberg her kannten: Hendrik, der seinen
12-Zöller im Einsatz hatte; hier stellten wir auch Vergleiche an, wie die Objekte in beiden Fernrohren herüber kommen.

Ankunft Marine

Schließlich kamen auch Marine, Saad und Yaro - Marine notiert: "Gegen 21:15 kommen wir an der Einfahrt zur Winter-
stube an und ich schalte auf Standlicht und krieche halb blind über den Parkplatz bis zwei vermummte Gestalten und ein
langes Rohr vor dem Auto auftauchen. Erleichterung stellt sich ein. Wir haben es gefunden ... Die Stimmung ist toll. Sehr
entspannt. Wir lassen uns nicht hetzen, sondern verweilen lange bei den Objekten, schauen viel mit den Feldstechern und
quatschen. Hin und wieder kommen Urlauber aus den Wohnmobilen dazu und freuen sich über Blicke durchs Teleskop. "

Verschiedenes

Beim Ringnebel M57 konnte ich bei höherer Vergrößerung wieder den Zentralstern eindeutig blickweise aufblitzen sehen.
Zudem haben wir noch die eindrucksvolle edge-on Galaxie NGC 891 (tolles Staubband) bei verschiedenen Vergrößerungen
drin gehabt, hier eigneten sich besonders das 13mm und 9mm Okular. Nicht weit entfernt bei Algol habe ich wieder mal den
Perseus-Galaxienhaufen (Abell 426) um die Galaxie NGC 1275 eingestellt: Eine lange Kette vieler Fleckchen, markant das
zentrale Parallelogramm. Als ich später bei der NGC 383-Gruppe und auch M33 vorbeikam, hat sich der Blick allerdings
zunehmend eingetrübt: Der Fangspiegel war beschlagen !

Am 20-Zöller, v.l. Marine, Ben, Saad, Hendrik und Yaro (beide Bilder: Ralph Muth)

Marine hat ihre Eindrücke wieder sehr schön zusammengefasst, ich übergebe für die weiteren Objekte an sie:

Aus dem Bericht von Marine:

"Mit dem Feldstecher gibt es wirklich wundervolle Anblicke von den Plejaden, H+chi, M34, M31, den Milchstraßenregionen,
vor allem den Sternhaufen ngc663, ngc654, M103, ngc7789 und M52 in der Cassiopeia und im Kepheus, M35, M36, M37,
M38, dem Orionnebel und sogar vom Cirrusnebel lässt sich ein schwacher Bogen erahnen (ngc6992/5)."

Cirrusnebel

"Cirrus-Nebel: Einfach nur toll. Diese Fetzen überall. Sooooo viele Details. Auch zwischen den hellsten Bereichen am Rand
gibt es viele kleine schwächere Nebelfetzen zu entdecken. Pickerings Triangle z.B., aber die Kralle und die Knochenhand
sind immer das Highlight. Es juckt mich wieder mal in den Fingern, das Ding mal zu zeichnen."

'Andromedas Fallschirm'

Kurzer Einschub: Der Bericht von Norman im Astrotreff hat mich auf dieses ungewöhnliche Objekt aufmerksam gemacht,
auf das er unter J014709+463037 zu sprechen kommt - mit zwei Aufnahmen. Es soll insgesamt 15,2 mag hell sein. Im Vorfeld
hatte ich mir das umgebende Sternfeld in Wikisky genau angeschaut, und dabei Skizzen erstellt - zurück zu Marine:

"Gravitationslinsenquasar Andromedas Fallschirm: Ben ist top vorbereitet und hat eine Aufsuchkarte skizziert. Es dauert
etwas bis der Quasar bei 400-fach dann eingestellt ist, und es braucht auch mehrere Anläufe und wiederholtes Neueinstellen
bis alle ihn gesehen haben, weil das Ding so schnell weg ist. Letztendlich können aber alle einen Blick drauf werfen. Einzelne
Komponenten sind nicht erkennbar, aber Ben kann wohl schon eine längliche Form erahnen. Drei der vier Abbilder des Quasars
sind nämlich in einem Bogen angeordnet, darunter befindet sich eine weitere sehr lichtschwache Komponente. Zusammen sieht
es aus wie ein kleiner Fallschirm mit der schwachen Komponente als Fallschirmspringer. Der Quasar selbst ist 11 Mrd. Licht-
jahre entfernt. Ich erkenne auch gleich das Sternmuster um den Quasar herum wieder. Das Objekt habe ich nämlich schon mit
der CCD-Kamera versucht. Ich selbst sehe visuell keine längliche Form, aber insgesamt ist der Fleck nicht unauffällig, also
schon direkt erkennbar. Wow. Das ist verdammt altes Licht."

IC 1296

"Ringnebel mit 1296: Ich wünsche mir 1296. Zumindest versuchen will ich es, weil ich diese kleine Galaxie schon oft mit der
CCD-Kamera zufällig neben M57 im Blickfeld hatte. Die hat so 14 Größe. Ich glaube ich kann die Galaxie indirekt blickweise
erahnen, aber ganz sicher bin ich mir nicht. Es dauert relativ lange bis ich überhaupt einen Fokuspunkt im Okular ausmachen
kann, wo scheinbar mehr Photonen mein Auge erreichen. Ich kenne die exakte Position nicht, weiß nur, dass die Galaxie in
einem Vieleck von Sternen ist. Die von mir vermutete Position stimmte aber dann ganz gut mit der tatsächlichen überein.
Wer weiß ob sie das war."

Orionnebel

"Orionnebel: Für den König der Nebel wird der bereits beschlagene Fangspiegel mit eigener Körperwärme wieder aufgetaut.
Irgendwann kommt uns die Idee Handwärmer zur Unterstützung zu nehmen, da wollen dann alle plötzlich viel lieber halten
helfen. So bewundern wir dann gegen 2 Uhr morgens noch einen grandiosen Orionnebel. Ein paar weitere Objekte folgen als
Betthupferl und gegen 3 Uhr morgens kriechen dann alle langsam in ihre Schlafsäcke, zwei von uns müssen ja am nächsten
Tag Auto fahren und außerdem taut der Fangspiegel gerade wieder zu."

Ja, es ist dann doch recht feucht geworden, was man morgens auch an den nassen Schlafsäcken gesehen hat. Marine fasst
zusammen: "Der Himmel ist in dieser Nacht recht gut, die Feuchtigkeit hat uns am Ende zu schaffen gemacht und es wurde
auch kälter als erwartet. Die Temperatur ging nachts dann sicher bis auf 0 Grad runter."

Vom Pfeil (oben) zum Doppelhaufen h+chi (unten)


Der Orion geht auf (beide Bilder von Ralph)


Morgenstimmung

Marine schreibt dazu: "... Da merke ich dann, dass ich Tageslicht sehe und wundere mich, dass es schon so hell ist. Ein paar
Stündchen muss ich also doch verschlafen haben. Ralph und Yaro sind schon wach und aktiv, Yaro hat wohl recht gefroren,
Ben wacht gerade auf und Saad schläft noch. Auf dem Parkplatz geht es aber schon mächtig zu. Alle paar Minuten steigen
Leute aus Autos und treten eine Wanderung an. Es wird kalt gefrühstückt, dann zamgepackt und dann auch schon wieder
bald gefahren .... Ich behalte die Erinnerung an eine sehr ungezwungene, entspannte Spechtelatmosphäre und sehr altes
Licht auf meiner Netzhaut."

Wobei ich wie üblich eine meiner Thermoskannen zu gelassen hatte, um morgens zumindest etwas Lauwarmes zum
Trinken zu haben. Am Morgen war es dann ja eine Stunde früher als tags zuvor, ob die Erde wohl in ihrer Drehung
einfach mal 60 Minuten inne gehalten hat ? ;-) Ja, schee wars, da waren uns auch Ralph und ich einig :)

Unsere Schlafplätze auf dem Damm (Bild von Ralph)


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