Eine klare Sommernacht an der Winterstube

Mit Ralph - Nacht Freitag/Samstag, 15./16. Juni 2018

Aufgrund der Wetterberichte hatten Ralph und ich mal wieder das Risstal für eine Beobachtung
angepeilt. Im Lauf des Freitags zeichnete sich jedoch ab, dass wir dort an einer Wolkengrenze
liegen dürften - mit viel hoher Bewölkung nach Westen hin, und klarem Himmel in Richtung
Osten. Also haben wir etwas umgeplant, und uns stattdessen für den weiter östlich gelegenen
Winterstube-Parkplatz entschieden - wieder mal. Ich hatte meinen insgesamt nur rund fünf Kilo
schweren 9,5"-"Fünfling" bereits vorab ins Auto gepackt, um von der Arbeit direkt in die
Berge zu fahren.

Ralph hatte erneut seinen großen 20-Zoll Dobson im Gepäck, und er schreibt: "Wir treffen
uns um 19:00 in Kreuth in der Post zum Essen ... Bestes Wetter jetzt. Es bleibt viel Zeit,
um die Rohre aufzubauen und die Kamera einzurichten. Einige Erläuterungen für Besucher.
Venus geht hinter dem Berg unter, ein Stück laufen, und es gibt einen zweiten Untergang. Wir
suchen in der Dämmerung nach Jupiter, doch ist das Seeing zu schlecht, um hier was sehen zu
können. Doch irgendwann kommen doch die Sterne."

Ja, in der Dämmerung nach den ersten Sternen zu suchen, wird auch mir nie langweilig -
auch wenn ich es schon so oft gemacht habe. Nach Venus kam der Jupiter, dann fast zeitgleich
Arktur und Wega, etwas später Großer Wagen und Polarstern. In der späten Dämmerung nahm
ich im Fünfling noch die Farbkontrast-Doppelsterne Izar, Ras Algethi und 95 Herculis mit.

Unsere 20-Zoll- und 9,5-Zoll Fernrohre am Parkplatz

Der Fünfling

"Ich bin begeistert von der Milchstraße"

Mitte Juni sind die Nächte zwar schon kurz, aber am südbayerischen Alpenrand gehen sich da
schon noch um die drei Stunden voll ausreichender Dunkelheit aus. Und dass sich das Rausfahren
allemal gelohnt hat, verdeutlichen Ralph's weitere Worte:

"Es entwickelt sich ein überaus feiner Himmel, mit zuerst tiefliegender, aber schon strukturierter
Milchstraße. Ich mache im Verlauf Aufnahmen mit 12mm bei f2, mit Cookin Diffusor, und 5600K
ohne dass sich Rotschleier ergeben, sehr bemerkenswert.

Zuerst M5 im 20iger, wunderschön - die Suche nach den Cepheiden darin wird durch die Suche
nach Palomar 5 ersetzt. Wir schauen uns die Augen aus, können nichts entdecken, obwohl wir Sterne
nach Stellarium bis 15.7 im Feld sehen. Ich vermute, wir haben zu hoch vergrößert, bis typ. 6.7mm.
Nachher habe ich gelesen, dass Uwe das mit großer AP gemacht hat. Wir haben ein zu kleines Objekt
erwartet!" Ja, da die Objekte ziemlich nah beisammen liegen, bin ich von M5 ohne Okularwechsel
gleich im 13er Ethos (155-fache Vergrößerung) zu Palomar 5 herüber gelaufen, und da haben wir
von dem zarten, sternarmen Kugelhaufen nichts erkennen können - und sind mit der Vergrößerung
dann hoch statt runter. Die beiden Kugelhaufen sind Astrotreff Objekt des Monats, und da berichtet
auch Oliver von einer Sichtung im 14-Zöller bei nur 68x auf La Palma.

Wieder zurück zu Ralph: "Ich bin begeistert von der Milchstraße. Das 2,3x40 zeigt wunderschön
die Milchstraße von Schildwolke bis M8 in einem Gesichtsfeld, das hat schon großen Zauber. Das
Milchstraßenzentrum lugt mit einem Teil etwas südlich vom Schildenstein über die Bergkante.
Da halte ich mit dem Foto drauf."

Mit dem Fünfling unten im Schützen

Nach den von Ralph angebrachten Ergänzungen - darüber habe ich im Astrotreff berichtet - ist mein
9,5"-Leichtdobson auch für tiefstehende Objekte sehr gut einsetzbar, nicht zuletzt wegen des neuen
Gegengewichtes: Und bei der tollen Milchstraße - wirklich eine richtig gute Durchsicht ! - bot sich
ein Ausflug in Richtung Zentralwolke im Schützen geradezu an; zumal der Südhorizont am Standort
Winterstube potentiell eh sehr dunkel ist: Das weitläufige Bergland um Blauberge und Guffert ist fast
unbesiedelt, und die Achensee-Orte und das schon weiter entfernte Inntal sind gut abgeschirmt.

Und so hab ich mich eine Zeitlang im Bereich Schütze-Schild herumgetrieben: Trotz seiner tiefen Lage
kam das Sternhaufen/Dunkelwolke Kontrastpaar NGC 6520/B86 unten in der Zentralwolke gut heraus.
Und weiters ging es an bekannten Gasnebeln wie M8, M20, M17 und M16, dem tollen Kugelhaufen
M22 und diversen Sternhaufen der Region - nicht zuletzt dem sehr sternreichen M11 - vorbei.
Das war schon eindrucksvoll, wie die Objekte in dem 238mm-Fernrohr herüber kamen :)

Die folgenden beiden Bilder hat Ralph gemacht: Ich musste wieder jeweils 25 Sekunden stillhalten,
um zusammen mit unseren beiden Fernrohren als Kulisse vor dem Sternenzelt zu dienen ;-)

Am 20-Zöller mit Skorpion und Jupiter ...

... und am Fünfling vor der Milchstraße - mit Saturn

Im Herkules-Galaxienhaufen

Der rund 500 Millionen Lichtjahre entfernte Galaxienhaufen Abell 2151 ist das bekannteste Mitglied
des noch viel größeren "Herkules-Superhaufens", und ist für mich schon lange ein bevorzugtes Ziel.
Seine allerhellsten Galaxien sind in dunkler Nacht schon mit 10-Zoll Öffnung drin, und ich erinnere
mich an ein Gewusel von kleinen Fleckchen in Raphaels 30-Zöller aus einer guten ITV-Nacht Ende
der 90er. Mit 16-Zoll schaue ich gerne nach der sehr länglichen 14,7 mag hellen Galaxie NGC 6045,
und die war auch jetzt in Ralph's großem Dobson recht deutlich auszumachen - zusammen mit einer
größeren Zahl anderer kleiner Fleckchen. Zum Galaxienhaufen hier noch ein Zoomvideo der ESO.

Ralph schreibt: "Später schaue ich trotz großer Müdigkeit zum Herkuleshaufen herüber, der überaus
günstig steht. Zuerst ist die Orientierung schwierig, doch eine helle Dreiergruppe aus NGC 6040 A/B,
länglich, NGC6041 A/B und IC1170, länglich, und NGC 6042, klein, rund und am schwächsten lässt
sich mit der Zeichnung in S+T Juli 16 identifizieren. Von dort findet man auch gut zur Dreiergruppe
NGC 6043, 6045A,B und 6047. Für Details bin ich zu müde."

Zwei Abell-Haufen im Corona-Borealis Superhaufen

Und ganz in der Nähe am Himmel, am Westrand der Sternfigur der Nördlichen Krone, liegt ein
weiterer Superhaufen - nur ist der nochmal doppelt so weit weg von uns: In rund einer Milliarde
Lichtjahre Entfernung tummelt sich hier eine Gruppe von Galaxienhaufen, die in ihrer Summe den
"Corona-Borealis Superhaufen" bilden. Sein bekanntestes Mitglied ist Abell 2065, und bei zwei
Nächten im Hochgebirge hatte ich im 16-Zöller jeweils einige seiner hellsten Einzelgalaxien
ausmachen können - meist aber nur indirekt. Und auch dieses Mal konnte ich in Ralph's 20-Zöller
sogleich zwei Fleckchen erkennen, das eine ist ein von mir nicht aufgelöstes Galaxienpaar, und das
andere gleich nebenan ist mit 15,4 mag die hellste Einzelgalaxie; Uwe hat eine tolle Zeichnung
des Haufens mit 27-Zoll Öffnung erstellt.

Ein weiteres Superhaufen-Mitglied ist Abell 2061, und ich konnte mich vom Jaufenpass 2014
her erinnern, dass dessen drei hellste Galaxien einfacher zu erkennen waren als die von Abell 2065.
Das wollte ich mir unbedingt nochmal anschauen, und der Eindruck bestätigte sich erneut; die ganze
Struktur des Haufens erscheint zudem lockerer und weniger konzentriert. Für die hellste Komponente
habe ich dann auch einen Wert von rund 14,8 mag recherchiert - die zu dieser schönen Aufnahme von
Naoyuki Kurita angegebene Zahl von 15,6 bezieht sich auf die fotografische Helligkeit. Ja, Abell 2061
könnte man bei sehr gutem Himmel durchaus auch mal mit weniger Öffnung als 16-Zoll angehen !

Zum Morgen hin wird es spürbar feuchter

Ich gebe noch einmal Ralph das Wort: "Mars ist aufgegangen und strahlt brutal hell und rötlich. In
dieser dunklen Umgebung sind alle drei, Saturn, Mars und Jupiter super hell ... Ben stellt noch einen
1 Milliarde Lj entfernten Haufen ein, wo ich auf Angabe auch 3 schwache Mitglieder identifizieren
kann [Abell 2061]. Dann so müde, vermutlich in Richung 3:00, und ich krieche in den Schlafsack.
Alles ist extrem feucht, der Fünfling ist abgesoffen, trotz Baffle. Ben schaut noch weiter. Ich schaue
noch mit dem Kasai WideBino in der Gegend rum auf der Matte. Schön! ...
Was hatten wir für einen guten Himmel, wow!!"

Das kann ich nur bestätigen! Ja, und so gegen 3:00 wurde dann auch die Dämmerung deutlich
spürbar, sodass ich auch nicht mehr lange zugange war. Ja, schee wars :)

Das Sommerdreieck steigt höher (Bild: Ralph Muth)


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