Klarer Himmel am Ammersattel

Samstag abend, den 13. Januar 2018

Wir hatten wieder einmal eine Wetterlage, wie sie im Spätherbst und Winter in Südbayern
häufig vorkommt: Hochnebel im Alpenvorland, und klarer Himmel weiter oben in den Bergen.
Und wenn man beobachten will, stellt sich die Frage, wie hoch man hinaus muss, um über den
Nebel zu kommen. Oder wie tief hinein in die Berge: Gerade vor engeren Tälern macht der
Nebel auch gerne mal halt, und kriecht nicht hinein - sodass Höhe allein nicht entscheidend
sein muss: Das könnte doch mal wieder ein Fall für den Ammersattel sein, mit dem ich bei
ähnlichen Wetterlagen schon mehrmals gute Erfahrungen gemacht hatte - aber nicht immer.
Klar, nix is gwies, aber der Himmel sah jenseits des Nebels sehr vielversprechend aus,
und so wollte ich es auf jeden Fall probieren !

Schließlich haben wir uns am Ammersattel zum Spechteln verabredet, das waren Ralph Muth,
Martin Brückner, Christian Müller und ich. Ralph hat dazu Folgendes notiert:

"Es hat fetten, hochreichenden Nebel bis ca. 1400m. Ich studiere die Webcams und Meteoblue,
und Meteoblue rechnet erst gegen morgen mit Hochnebel am Ammersattel. Ich bin gar nicht
überzeugt mir das anzutun, Chancen nur 20% für uns. Ben ruft an, und ist bereit zu fahren.
Nun, da kriege ich gerade noch die Kurve und sage ja. Martin fragte, ob ich den 20iger mitbringe,
und so packe ich auch diesen ein. Am späten Nachmittag fahre ich los. Der Nebel ist im Vorland
bedrückend dicht und sehr hochreichend, so dass ich an Umkehren denke. Doch etwas später kann
man unter der Nebeldecke hindurch über den Walchensee zum Karwendel schauen. Und je näher
ich Oberau komme, umso besser sichtbar werden die Zugspitze und die Gipfel zu den Seiten des
Tales, so dass ich weiterfahre."

Es wird dunkel ...

Ralph: "In Ettal ist es zwar dunstig, aber weitgehend klar. Kurz nachdem ich in die vereiste und
mit Spurrillen versehene Passtraße abgebogen bin meldet sich Ben vom Ammersattel, und dort
ist es klar, der übliche Parkplatz jedoch nicht geräumt. Also weiter mit ca. 30kmh und immer
wieder ausweichen auf die Eisränder, wegen des intensiven Gegenverkehrs. 4x4 ist schon gut!
Oben angekommen hat Ben seinen 5ling schon aufgestellt und ich bringe mein Fernrohr
in Position."

Ralph und Ben (Bild: Ralph Muth)

Ben am 10"-"Fünfling" (Bild: Ralph Muth)

Ja, bei mir hatte es auf der Autobahn, inmitten all der Wolken, auch ein klares Fenster im Süden
gegeben, durch das die Zugspitze sehr schön im Abendlicht zu sehen war; ich hielt auch nach
einem geeigneten Parkplatz Ausschau, um das zu fotografieren, fand aber keinen der passte.
Und oben im Graswangtal wurde die Straße wirklich zunehmend vereister und glatter, mit oft drei
Spurrillen im Eis; die mittlere teilte man sich mit dem Gegenverkehr, sodass häufiges Ausweichen
angesagt war - einmal stand der Verkehr für vielleicht zehn Minuten still, weil sich ein Auto im
Gegenverkehr quergestellt hatte, was aber ohne Schaden abging. Die Anfahrt ist insgesamt aber
nicht besonders steil, sonst würde ich bei diesen Bedingungen hier auch nicht weiterfahren
- zumal nur mit Winterreifen und ohne Allradantrieb.

Da unser klassischer Spechtelplatz am Wanderparkplatz wie gesagt unter Tiefschnee lag, bin ich
bis zum Straßenparkplatz unter der Kehre an der österreichischen Grenze weitergefahren - der liegt
auf knapp unter 1100 Metern Höhe. Es war kein Nebel in Sicht, der Himmel sah richtig gut aus !

Der Himmel wird immer besser

Mein (Fast-) 10-Zoll "Fünflings"-Fernrohr lag schon aufgebaut im Auto, und war somit schnell
einsatzfertig. Ein Aspekt wurde aber bald deutlich, der mich daran erinnerte, dass am Fünfling
ja noch was wichtiges zu tun war. Im Okular störte das Streulicht deutlich mehr als neulich am
Taubenberg, obwohl der Himmel als solcher hier in den Alpen eine wesentlich bessere visuelle
Grenzgröße besaß: Es war vor allem der helle Schnee ringsum, der ins Fernrohr herein leuchtete,
und dabei hat der noch ungeschwärzte Rand des Fangspiegels sicher maßgeblich mitgeholfen.
Das war auch bei der edge-on Galaxie NGC 891 zu erkennen, gerade im 11mm Nagler Okular bei
knapp 100-facher Vergrößerung: Das Staubband war zwar gut auszumachen, aber das ganze Feld
war vom Streulicht beeinflusst.

So konnte ich in dieser Nacht nicht nach den "letzten Details" suchen, aber es blieben genügend
schöne Eindrücke - vor allem bei flächenhellen Objekten. Ich habe aber wie eingeplant nach dem
letzten "Astrotreff Objekt des Monats" Ausschau gehalten, und das waren gleich mehrere Objekte:
Den California-Nebel NGC 1499 konnte ich bei 45-facher Vergrößerung mit H-Beta Filter sehr
deutlich erkennen, und mit klarer Differenzierung in unterschiedlich helle Bereiche. Gut zu sehen
war der Reflexionsnebel NGC 1333 um einen 11mag-hellen Stern, sowie das "U" des lockeren
Sternhaufens IC 348. Ich habe auch nach den umliegenden Dunkelnebeln gesucht, die kamen aber
nicht sehr deutlich - wohl auch wegen vermindertem Kontrast aufgrund des Streulichtes. Und
schonmal in der Gegend habe ich noch einen kleinen Abstecher nach Osten gemacht: Zum
planetarischen Nebel NGC 1514, der war sehr schön mit hellem Zentralstern zu erkennen.

Zurück zu Ralph's Bericht: "Viel Verkehr direkt daneben mit hellem Licht, aber wir haben Sterne,
obwohl wir niedriger sind als die sonstige Nebelobergrenze! Später kommt Martin mit dem 2. 5ling,
und noch Christian von der Isartalsternwarte. Das ist eine nette Truppe. Also wird beobachtet. Mein
Fernrohrhut setzt Reif an, es ist feucht, doch der Himmel wird immer besser. Die Milchstraße
beginnt zu glänzen, Ben sieht indirekt M33 freisichtig, was mir nicht gelingt."

v.l. 20-Zoll mit Ralph, und zwei "Fünflinge" mit Christian und Martin (re.)

Der Parkplatz talabwärts

Ja, für mich war die Galaxie M33 indirekt sogar recht einfach zu erkennen, ganz problemlos.
Ralph und ich haben die letzten 30 Jahre sehr viel zusammen beobachtet, und es erscheint mir
so, dass er schwache großflächige Objekte wie den Gegenschein leichter erkennt, während ich
mit kleinen Objekten wie M33 oder schwachen Sternen weniger Schwierigkeiten habe. Das war
für mich jetzt ein richtig guter Himmel, voll die Kategorie "Alpenhimmel" ! Christian war auch
ganz begeistert, und meinte, dass er öfters mal in den Bergen beobachten müsste - das wäre hier
viel besser als auf der Isartalsternwarte. Mit den Vor- und Nachteilen einer tief eingeschnittenen
Tallage: Anfälliger für unruhige Luft, und mit einem begrenzten Himmelsauschnitt - dafür wird
aber das Licht der umliegenden Orte durch die nahen Berge sehr stark abgeblockt.

Ralph fährt fort: "Ich schaue mir WZ Cas an, und bin sehr erstaunt über das intensive Orange des
Carbonsterns, d.h. mit Öffnung kommt auch mehr Farbe. Auch der Begleiter schimmert immer wieder
etwas bläulich, nach Ben als optische Illusion einer Komplementärfarbe. Sehr hübsch. Ich zeige M33
und dort ist die Spirale sofort sichtbar, Christian sieht 4 Arme. Auch im 5ling ist das S auszumachen.
Einige Blicke auch auf M82 und NGC891, meine Augen sind das Binokular gewöhnt, und der Schirm
meines Tablets noch zu hell, zudem bin ich etwas müde, so dass die Details mich nicht so anspringen.
Besonders gut gefiel mir im 13er Ethos NGC 2158 mit dem brillianten Rand von M35 im gleichen
Gesichtsfeld, alles sehr fein in Sterne aufgelöst. Uh-toll. Später kommt der Pferdekopf an die Reihe,
den Martin auf dem Plan hatte, und das geht gut im 20iger mit 20mm Nagler mit h-ß , aber ohne die
Schnauze zu erfassen. Im 5ling mit Panoptik 24mm auch sehr gut zu sehen. Die Teile sind tip top,
aber noch nicht ganz ausgewogen und etwas "zu leicht", man kann nicht alles gleichzeitig haben.
Später kommen Ungarn auf den Parkplatz, sie trauen sich auf der vereisten Straße nicht weiter, und
lassen sich beraten und kehren um. Später noch ein Wohnmobil, wo man kurzzeitig durchdrehende
Räder hört, auch dieses kehrt um."

Martin schreibt zu unserer Nacht: "... die Durchsicht und die Grenzgröße waren sehr gut. M33 ging
freisichtig indirekt, und den Pferdekopfnebel hab ich in meinem Fünfling (238mm Öffnung) bei 45x
Vergrößerung im 24er Panoptic mit UHC-Filter problemlos sehen können. Bei sehr gutem Himmel
finde ich übrigens UHC sinnvoller als OIII, der sich eher zur Unterdrückung von Lichtverschmutzung
eignet."

In meinem Fünfling habe ich auch den Orionnebel M42 und die Andromedagalaxie M31 hergezeigt, mit
dem 11mm Nagler Okular; das ergibt eine interessante Austrittspupille zwischen den gebräuchlicheren
9mm oder 13mm Okularen, und scheint mir für viele Objekte sehr passend zu sein. Und zwischendrin
habe ich auch viel in der Milchstraße herumgestöbert - ein gemütlicher Spaziergang vorbei an alten
Bekannten und auch neuen Mustern.

Toller Himmel über den obersten Quellbächen der Ammer

Ralph vor den Geierköpfen (2163 m)

Zwischendrin sind wir zu einer Stelle gelaufen, wo man einen schönen Blick in das Neualmgries mit
den umliegenden Bergen hat; hier an der österreichischen Grenze liegt das oberste Einzugsgebiet
der Ammer, und ich kenn die Stelle auch von Wanderungen im Sommer. Die winterliche Stimmung
mit dem tollen Sternenhimmel war wirklich großartig - Ralph schreibt dazu:"Ganz hin und weg war
ich vom Anblick der Quellflüsse der Ammer, die unweit auf dem Präsentierteller lagen, vor der
grandiosen Gebirgskulisse und der sich emporstreckenden Wintermilchstraße, mit all den hellen
Sternen im Taleinschnitt liegend. Und da sind Ben und ich hingegangen. Leise plätschert das Wasser
unter uns. keine einzige Lampe weit und breit. Da wird eifrig fotografiert, so etwas sehe ich nicht
alle Tage, eine Ausnahmelandschaft!!"

Aufbruch

Und gegen Mitternacht ging es Richtung Aufbruch - Martin: "Wir haben auch nur bis Mitternacht
beobachtet. Dann fing mein Fangspiegel an zu vereisen, und zwar nicht flächig, sondern ein paar
Stellen mit Büscheln aus ca. 5mm langen Eiskristallen! Ich selber war noch fit und hätte noch
locker 2h weiter beobachten können.

Christian hatte zu wenig an Klamotten dabei, und begann irgendwann zu frieren; es hat ihm aber
sehr gut gefallen: "War eine sehr klare Nacht und der Beob.Platz auch hervorragend!!! Der Himmel
hatte ja eine besonders gute Qualität und der Standort ist auch sehr gut zu erreichen!!! Für mich
war's was Besonderes und ich werde das jetzt wieder regelmäßig machen (Aufladen der Astrobatterie)."

Ja, und ich hatte am Sonntag noch was vor, und bin dann kurz nach Martin auch aufgebrochen -
bevor die Müdigkeit kommen, und die Heimfahrt dann unangenehm werden würde. Ralph hat als
einziger von uns am Ammersattel übernachtet, und weiß noch Folgendes zu berichten:

"Christian fährt als erster. Um 0:30 werde ich sehr müde und baue ab und mein Bett im Schnee auf.
Ben und Martin fahren wieder heim. Ein wenig einsam ist es jetzt. In der Nacht merke ich, dass das
Wasser eingefroren ist, und nehme noch ein paar eiskalte ml davon. Davon geht die Nase zu und ich
wache später zermürbt auf. Das nächste mal mit zweiter Thermosflasche, entsprechend Ben`s Rat! In
der Dämmerung ziehen die vom Meteoblue vorhergesagen Nebel heran. 20 Minuten Auto warmlaufen
lassen und Eis wegsprühen und kratzen. Das warmlaufende Auto hat -9 °C in der Anzeige. Kalte Pfoten
vom Einpacken. Auf der Eisstraße geht es wieder heimwärts und schnurstracks in den Nebel. In Oberau
ein Kaffee, Semmel und ein Wasser nicht aus der Kühltheke, sehr zerknittert. Das gute Gefühl stellt sich
erst am Tag darauf ein, im Rückblick ein, nicht zuletzt auch weil Norman auf dem Brauneck nicht der
Einzige war, der dem Nebel ein Schnippchen geschlagen hat. Da dürfen wir Vier stolz sein!"

Ja, richtig schee wars :) Und Ralph hat Norman erwähnt, und der hat in der gleichen Nacht einen
tollen "Traum über den Wolken" erlebt.

Winterstimmung ... (Bild: Ralph Muth)

... mit Großem Wagen (Bild: Ralph Muth)


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