Mit dem "Fünfling" am Fuß des Taubenbergs

Montag morgen, den 25. Dezember 2017

Martin Brückner und ich hatten uns letzten Donnerstag abend getroffen, gleichsam "konspirativ"
draußen auf dem Land im Westen von München - das bot sich von unseren beiden Arbeitsorten
her an. Dabei hat er mir einen ganz normalen kleinen Rucksack übergeben, gut vier Kilo schwer.
Das Besondere ist der Inhalt, es steckte ein kompletter (Fast-) 10-Zöller drin: Die Geschichte begann
damit, dass mir Martin vor gut anderthalb Jahren bei einer gemeinsamen Beobachtung in der Rhön
angeboten hatte, für mich eines dieser ultraleichten Fernrohre mitzubauen - ausführliche Details
zu dem zugehörigen "Fünflinge-Projekt" können hier im Astrotreff nachgelesen werden.

Der Fünfling

Ja, und jetzt stand dieses Dobson-Fernrohr aufgebaut daheim, und der Anreiz war groß, das Teil bald
mal zum Beobachten auszuführen; ein "Firstlight" wäre es nicht mehr, das hatten Martin und ich schon
im November im Münchner Umland durchgeführt. So stand ich nach dem traditionellen Familientreff
an Heiligabend gegen Mitternacht vor der Frage: Aufraffen oder nicht aufraffen ? Wetteronline zeigte
im Wetterradar einen klaren, nebelfreien Saum am Alpenrand, so etwa ab Holzkirchen. Ich hatte ja erst
mit der Nacht auf Dienstag geliebäugelt, nur wurden für diese Folgenächte wieder Zirren prognostiziert,
auf verschiedenen Wetterseiten. Folgende Überlegung setzte sich schließlich durch: Mei, es genügt ja ein
kleiner Rucksack, und das komplett aufgebaute Fernrohr dazu in einer Tragetasche in der Hand, wiegt
gefühlt "fast nichts" - das ist alles so einfach und bequem :)

Und so war ich gegen 1:15 auf der Salzburger Autobahn, teils dichter Nebel, ab Holzkirchen kamen
die Sterne heraus: Taubenberg sollte langen ! Die ungepflasterte Waldstraße nach oben zeigte sich
allerdings ganz schön vereist, und auch wenn es vielleicht gegangen wäre, bin ich bald umgedreht:
Nichts riskieren - ich will ja spechteln, und nicht irgendwo im Wald am Wegesrand festhängen. Zudem
war es am Waldrand ja schon ganz klar gewesen, und auch dieser Standort lag schon deutlich erhöht
über dem Umland.

Mein Fünfling-Dobson mit dem Oriongürtel

Richtung Nordwesten mit Münchner Lichtglocke

Das Fernrohr erstmal kennen lernen

Auf dem feuchten bis gefrorenen Boden musste erst ein ebener, trockener Platz gewählt werden, dann
konnte (fast) losgelegt werden. Ich hatte das Fernrohr daheim bereits vorjustiert, und der Fangspiegel
war durch die Fahrt nicht verstellt worden. Die weitere Feinjustierung am Stern funktioniert hier
sehr bequem über zwei Schrauben an der Oberseite des Hauptspiegels; eine von denen ist für mich so
gut erreichbar, dass ich sie im Sitzen gleichzeitig drehen und dabei ins Okular schauen kann - von
meinem ultraleichten aufspannbaren Klappsitz aus, ganz passend zum Fernrohr ;-) Als Gegengewichte
zum Okular fungieren zwei andere Okulare, für die eigens Einstecklöcher eingebaut sind: Das genügte
bei horizontnäheren Objekten aber noch nicht, irgendwann begann das Fernrohr zu kippen. Auch langte
mal ein Windstoß, um das Teleskop bis zum Boden hin zu kippen - aber ohne dass die Höhenräder dabei
den Kontakt zur Rockerbox verloren hätten. Gerade bei horizontnahen Objekten muss der Dobson aber
generell vorsichtig bewegt werden, um solchen "Entgleisungen" vorzubeugen.

Und passend zur allgemeinen Maxime "Leichtgewicht" ist auch kein Sucherfernrohr mit dabei, dafür
aber ein Leuchtpunktsucher. Da kann man sich nicht an schwächeren Starhopping-Mustern orientieren,
sondern muss am Himmel in etwa die räumliche Position des Objektes kennen - relativ zu den helleren
Sternen, die bereits mit bloßen Augen zu erkennen sind. Ich hatte keinen Sternatlas dabei, und so habe
ich meist "alte Bekannte" aufgesucht, deren Position ich auch räumlich ungefähr wusste.

Und noch zwei spezifische Details: Der Fünfling hat nicht ganz 10-Zoll Öffnung, der Durchmesser
des Spiegels beträgt 238mm - bei einer Brennweite von 1,08 Metern.

Knackscharfe Bilder am Okular

Der Himmel blieb durchgehend klar, und auch soweit trocken, dass ich während der rund drei Stunden
keine feuchten Oberflächen am Fernrohr bemerkt habe. Ich hatte drei Okulare mit 24mm, 11mm und
6,7mm Brennweite dabei, die mit dem Fernrohr abgestimmt jeweils grob im Bereich von 200 Gramm
Gewicht liegen. Da gab es knackscharfe Bilder zu sehen: Feinste Sternchen beim Kugelhaufen M3 oder
dem sehr dichten offenen Haufen NGC 2158 bei M35 - wie bei den meisten anderen Haufen auch,
die ich eingestellt hatte.

Die Eindrücke waren mir generell von meinem alten 10-Zoll Coulter her vertraut, was man eben mit
so einer Öffnung in etwa sehen kann - je nach Himmelsqualität natürlich. Bei den offenen Sternhaufen
habe ich u.a. h+Chi Persei und im Fuhrmann M38, M36 und M37 mitgenommen, in den Zwillingen auch
den etwas schwächeren, aber dichten Haufen NGC 2266. Anfangs natürlich den Orionebel - immer toll,
nie langweilig - sowie auch den Rosettennebel mit OIII-Filter - schöne Details ! Und Frühlingsgalaxien
wie "mein" Objekt NGC 2683, im Löwen das Triplett M65, M66 und NGC 3628, wunderschön das
Staubband in NGC 4565, und bis hinauf zu "Fisch" und "Haken" NGC 4631 und NGC 4656.

Fazit

Ich bin begeistert, vier Kilo für fast 10-Zoll Öffnung ist phänomenal leicht ! Ich hatte das Gefühl,
mein 80mm Spektiv plus Stativ zu tragen :) Die Optik ist offenbar sehr gut, die Eindrücke am Okular
ausgezeichnet. Das Kippen bei horizontnahen Objekten müsste durch passende Gegengewichte
auszutarieren sein, und dass ein so leichtes Fernrohr anfälliger gegen den Wind ist als mein alter
10-Zoll Volltubus-Dobson - mei, alles geht halt auch nicht ;-)

3:15 MEZ: Blick nach Westen

Unter dem Großen Wagen

Etwa gegen 5:00 habe ich begonnen, wieder abzubauen; aufkommende Müdigkeit verlangte schließlich
nach der Heimfahrt. Ich weiß noch, dass ich auf die Uhr schaute, als noch vor dem Autobahnende bei
Ramersdorf der Hinweis kommt: Geschwindigkeit 80 km (von 22-6 Uhr) - da war es gerade 5:59 ;-)
Es hatte sich voll gelohnt, dass ich mich noch zu dieser Spechtelaktion aufgerafft hatte !


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