Ein klarer Beobachtungsabend am Taubenberg

Samstag, den 14. Oktober 2017

In den Wetterberichten hatte sich seit Tagen ein Fenster von ein paar klaren Nächten angekündigt,
das sich dann irgendwann im Laufe der Nacht auf Samstag auftun sollte. So haben Ralph und ich uns
schon mal den Samstagabend zum Beobachten vorgemerkt; es sollte aber nicht länger als bis Mitternacht
gehen, weil wir beide am Sonntag noch was vorhatten - obschon der abnehmende Mond erst gegen halb drei
aufgegangen wäre. Ralph hatte zwei seiner Fernrohre ins Auto gepackt: Den 20-Zoll Dobson und das 4-Zoll
Bino. Es war schon ein paar Monate her, dass wir was zusammen unternommen hatten; wir freuten uns auf
die Spechtelei, und das tolle Wetter bei der Anreise tat ein übriges, die Stimmung hochzuhalten.
Ich gebe Ralph das Wort:

"Das Wetter ist richtig sommerlich und der Himmel tiefblau. Ben kommt um 16:00 zu mir und wir fahren
auf den Taubenberg. Dort ein ziemliches Getümmel, und wir warten ein wenig, bis ein passender Parkplatz
frei ist. Wir scheinen über einer leichten Inversion zu sein, die im Inntal sichtbar ist. Es gibt einen ganz
zarten Dunst, der aber nicht ins Gewicht fallen sollte. Es ist staubtrocken durch ein massives Hoch."

Am Taubenberg: Im Süden spitzen einige Gipfel des Mangfallgebirges hervor

v.l. Wendelstein, Hochmiesing und Rotwand, Brecherspitz, Baumgartenschneid und Wallberg


Ralph fährt fort: "Außerdem eine großartige Laubfärbung, obwohl es noch nicht gefroren hat. Richtung
Inntal wird der Erdschatten äußerst promintent sichtbar, mit einer stahlblauen Färbung unter dem rosa Band.
Später färbt sich auch der Himmel im Westen über dem Wald ganz zart pink."

Am Parkplatz, mit der Kapelle und Ralph's Fernrohren

Li. der 20-Zöller, hinten Ralph vor dem Erdschatten

Und weiter: "Bald ist es dunkel und es kommen diverse Beobachter auf den Berg, was einiges Licht und
Unruhe erzeugt. Hendrik mit Töchterchen und Winfried von der Sternwarte bekommen einiges gezeigt."

Ja, und da der Himmel richtig gut wurde - eine der besten Nächte, die wir je am Taubenberg hatten -
konnten wir unseren Gästen am 20-Zöller ein gar vorzügliches Bufett kredenzen: Sehr schön die großen
Highlights wie der Andromedanebel M31 oder der Cirrusnebel - wieder mal mit eindrucksvoller Detailfülle.
Zudem hatten Hendrik und Lorena ihren eigenen 12-Zoll Meade Dobson dabei, aus deren Richtung immer
wieder Kommentare und Rückfragen zu den gerade eingestellten Objekten zu hören waren.

Zurück zu Ralph: "Sehr schön  krümmt sich der westliche Arm des Andromeda Nebels im Bino. Ein
wenig nerven die Kollegen am Waldrand, die mit ihrem grünen Laser in M31 rumpieken, während ich
diesen anschaue. Unschwer ist das S von M33 ist zu sehen, und ich zeige Winfried NGC604 bei hoher
Vergrößerung mit stellaren Kondensationen ... Im Osten kommt der Winter mit seinen hellen Sternen über
den Horizont gekrabbelt. Ich suche  den Komet ASASSN  2017/ O1 mit ca. 8m  und kann diesen im Perseus
lokalisieren, es ist ein sehr diffuses, ausgedehntes rundes Fleckchen, was schon genaueres Hinschauen
erfordert, und dann einen sehr gleichmäßigen Anstieg der Helligkeit zum Zentrum zeigt. Im 20iger gibt
es keine weiteren Strukturen zu sehen, da hält das Bino gut mit."

Einiger Betrieb am Platz

Ralph (Bild: Ralph Muth)

Astrotreff Objekte des Monats

Ich war ohne besondere Vorbereitungen zum Taubenberg gefahren, und oben fiel mir wieder ein, dass es
ja noch so einige "Astrotreff Objekte des Monats" gab, die ich noch gar nicht anvisiert hatte - zumindest
nicht speziell anlässlich der aktuellen Berichte im Forum. Also sind wir über Ralph's Handy ins Internet
gegangen, und haben zu den Beiträgen von Mathias und Uli das Nötigste nachgelesen. Mithilfe des
"Interstellarum DeepSky Atlas" habe ich die Ziele dann über "Starhopping" angepeilt.

Zu den beiden Objekten von Mathias schreibt Ralph:
"Ben konzentriert sich auf die Objekte des Monats aus dem Astrotreff. Gyulbudaghian 98-171 im Schwan
ist bei 300x im 20iger ein kleines Tortenstück mit rundem Außenrand ohne innere Strukturen und einem
auffälligeren Stern an der Spitze. Wir haben uns da nicht noch weiter angestrengt. Es ist ein junges stellares
Objekt in seiner Molekülwolke. Erstaunlich, dass man das doch so leicht sehen kann. Kronberger 54 ist ein
wirklich winziger, schwacher Sternhaufen im Schwan mit ca. 5 auflösbaren Sternen, also nicht gerade
eindrucksvoll, löst sich jedoch gut vom Hintergrund aufgrund seiner Kompaktheit."

Ich habe ganz ähnliche Details wie Ralph erkennen können; bei Kronberger 54 konnte ich auch die auf
einer Astrotreff-Zeichnung erkennbare Sternenfigur - ein "Haus" ähnlich dem Sternbild Kepheus - indirekt
ausmachen. Dieser kleine Sternhaufen liegt in einem der dichten Ballungsgebiete der südlichen Schwan-
Milchstraße, und beim Aufsuchen kam ich an dem bekannten Mira-Veränderlichen Chi Cygni vorbei: Der
fiel im Sucher gleich ins Auge, und die Kollegen aus dem Veränderlichen-Forum geben für den 9. Oktober
auch eine Helligkeit von 4,4 mag an; das diesjährige Maximum würde auch nicht mehr fern liegen.

Uli Zehndbauer hat im Astrotreff zum einen das Objekt Minkowski 1-64 vorgestellt. Für diesen 24" kleinen
und nur 13,3 mag hellen Planetarischen Nebel in der Leier musste schon präzise "gestarhoppt" werden, um
ihn zu finden: Dazu habe ich Ralph's 20mm Okular verwendet, also mit knapp 115-facher Vergrößerung, und
bin von Süden her schließlich zu einer Reihe aus drei Sternen gelangt, die im Sternatlas noch eingezeichnet
sind. Die gedachte Verlängerung dieser Reihe um ihre Länge, und ein anschließender 60-Grad Knick nach
rechts um die gleiche Distanz sollte in das anvisierte Feld führen: Nur mal so erzählt, um auch den Lesern,
die mit dem "Hüpfen" von einem zum anderen Sternmuster sonst eher weniger bis nichts zu tun haben, einen
kleinen Einblick aus der Praxis zu geben ;-) Zurück zum Objekt: Das einzige kleine Fleckchen im Feld musste
Minkowski 1-64 sein, und bei 320x machte mir der Nebel einen leicht länglichen Eindruck - direkt an einen
Stern angrenzend. Weiter sind wir nicht gegangen; im oben verlinkten Beitrag von Uli wird berichtet, wie
mit zunehmender Vergrößerung die Ringform dann immer deutlicher herauskommt.

Das zweite Objekt von Uli, Minkowski 1-92, habe ich an diesem Abend nicht mehr probiert; wir hatten keine
genaueren Aufsuchkarten für diesen sehr kleinen Nebel dabei. Ich hatte ihn aber schon 2016 am Jaufenpass
eingestellt, und damals geschrieben:'Schwieriger war es dagegen, im 16-Zöller beim nur 8" kleinen proto-
planetarischen Nebel "Minkowski's Fußabdruck" Details zu erkennen; bei 380x habe ich die Zweiteilung
wahrscheinlich erahnt, bin aber nicht sicher'. Ganz in der Nähe hatte ich damals auch den ungewöhnichen
kleinen planetarischen Nebel "Campbell's Hydrogen Star" eingestellt, und den habe ich auch jetzt wieder
mal kurz mitgenommen: Um den 10 mag hellen Zentralstern konnte ich erneut den schmalen rötlichen
Saum ausmachen; der stammt vom 11,3 mag hellen eigentlichen Nebel.

Ben am 20-Zöller (Bild: Ralph Muth)


Ralph zwischen seinen Fernrohren


Blick nach Osten


Ralph war über längere Zeit an seinem 4-Zoll Bino aktiv, und ich bin derweil mit dem 20-Zöller unterwegs
gewesen: Um jetzt ohne Atlas ganz gemütlich in der Milchstraße spazieren zu gehen, und dabei einige mir
bekannte Regionen in Schwan, Cepheus oder Cassiopeia anzusteuern: Mit bewusstem Aufsuchen so mancher
vertrauter Sternhaufen und -figuren, oder auch ungeplantem Déjà-vu mit schon mal registrierten Mustern -
oder auch roten Sternen, die am Weg lagen.

Später kam von Osten her noch ein Auto hoch, das immer langsamer wurde und uns direkt anleuchtete -
und auch auf "Licht aus!"- Aufrufe nicht reagieren wollte. Es entpuppte sich dann als die Polizei, die wohl
das Treiben hier oben nicht recht einordnen konnte und mal nach dem Rechten sehen wollte; war dann alles
ganz entspannt, und ich hab ihnen am 20-Zöller noch die Andromedagalaxie sowie die Sternhaufen M37 und
h+Chi Persei gezeigt. Das weckte bei den beiden Polizisten übrigens ernsthaftes Interesse, und es gab
einige Rückfragen.

Ich übergebe zum Abschluss nochmal an Ralph:
"Zwischendurch einige Aufnahmen mit E-M5 und 6.5mm 2.0 und 8mm 2.8. Dabei fällt mir der Gegenschein
recht deutlich auf, und auf dem Foto scheint sogar etwas Lichtbrücke da zu sein, welches wir dann visuell auch
wahrzunehmen glauben, bzw. sogar ziemlich sicher sind. Das ist das Optimum am Taubenberg, was höchst
selten erreicht wird. Ich habe die Aufnahme in SW umgewandelt und dazu mit Fitswork geglättet, den
Kontrast extrem erhöht und auch noch 'illegal' den aufgehellten Horizont abgedunkelt.

Ben hat noch zwei Galaxien ausgegraben [das war NGC 7332/7339], die von der Form sehr unterschiedlich
sind und ein schickes Paar bilden, toll. Gegen 24:00 werden alle Rohre wieder ins Auto gepuzzelt und wir
fahren zufrieden zurück."

Milchstraße von Adler bis Fuhrmann (Bild: Ralph Muth)

Gegenschein (Bild: Ralph Muth)


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