Messier Marathon in Geigersau (930 m)

107 Messierobjekte in der Nacht Freitag/Samstag, 16./17. März 2012

Es gibt in der zweiten Märzhälfte ein Zeitfenster, in dem von bestimmten Breiten aus - gute Bedingungen vorausgesetzt - alle 110 Messierobjekte innerhalb
einer Nacht gesehen werden können. In Südbayern liegen wir mit 48° Deklination dafür aber zu nördlich, hier gehen theoretisch bis maximal 109 Objekte:
Mitte März kann M74 bei uns noch am Abendhimmel ausgemacht werden, dann ist es morgens aber schon viel zu hell, um M30 noch zu erwischen. Ein paar
Wochen später ist M30 am Morgenhimmel sichtbar, dann ist es abends für M74 aber längst zu hell.

Eine Beobachtung allein, von 18:45 bis 5:15 mit meinem 120 mm Refraktor. Gute Bedingungen bei einer durchgehend klaren und trockenen Nacht. Das Ziel
war, in dieser Nacht möglichst viele Messier-Objekte zu sehen. Jeweils in der Abend- und Morgendämmerung gab es großen Zeitdruck, die vielen Stunden
dazwischen waren dagegen recht entspannt.

Ein möglicher Pfad für das Messier Marathon - hier mit allen 110 Objekten

Bild mit freundlicher Genehmigung von Jim Cornmell: Jim's Cosmos


18:32 MEZ: Der 120 mm Refraktor steht bereit

19:22 MEZ: Venus (oben) und Jupiter leuchten in der Dämmerung

Die kritischen Objekte in der Abenddämmerung

Die Galaxien M74 und M77 müssen zuerst eingestellt werden. Sie stehen
bei Einbruch der Nacht schon tief im Westen, und gehen dem Untergang
entgegen. Es muss aber erst genügend dunkel werden, und so ist das
Zeitfenster für die Beobachtung nur sehr kurz.

Während mir M77 als das hellere - und vor allem flächenhellere - Objekt
keine besonderen Probleme bereitete, war M74 schon richtig schwierig:
Ich konnte die Galaxie mit indirektem Sehen blickweise sicher ausmachen,
aber nur, weil ich mir die genaue Position schon vorab eingeprägt hatte, und
nicht erst lange das Feld absuchen musste.

M74 und M77 über dem abendlichem Westhorizont

Quelle: Neave Planetarium


Danach war der Zeitdruck erstmal weg: Die nächsten Stunden gings entspannt weiter, mit viel Zeit fürs Einstellen, Bilder machen oder der Versorgung einer
vorbeikommenden Familie mit astronomischer Kost. Die meisten Objekte konnte ich schon mit dem 21er Ethos-Okular bei nur 29-facher Vergrößerung gut
erkennen; das war gleichzeitig auch mein Sucher, das große 100-Grad Gesichtfeld ist dafür ideal. Dabei ist mir wichtig, dass ich mit einem Amiciprisma
beobachte, und aufrechte, seitenrichtige Bilder bekomme - eine Suche bei spiegelverkehrten Bildern wäre nichts für mich und würde zuviel Energie abziehen.
Für einige Objekte habe ich auf 67x (9er Nagler-Okular) umgeschaltet - mit der höheren Vergrößerung kann man auch über besseren Kontrast noch zusätzlich
Grenzgröße herausholen. Probleme gab es bis zum Dämmerungsbeginn bei keinem Objekt, auch nicht bei M7 mit seiner südlichen Deklination von -35° -
Geigersau hat einen schön freien Horizont.

Gäste um 21:31 MEZ: Ein M42 für die kleine Tochter

23:15 MEZ: Ich bin gerade bei M109; hinten Saturn, Spica und Rabe

23:48 MEZ: Im Virgohaufen unterwegs

1:57 MEZ: Trinkpause vor Skorpion

2:25 MEZ: Kippender Löwe mit Mars

Kurios: Der Mars stand nur rund 10' von M96 weg, und mit 29x habe ich die Galaxie nicht gesehen. Mit 67x (9er Nagler) konnte ich sie aber
genügend vom Lichthof trennen. Das wäre ein originelles Fehlobjekt geworden, der Grund nicht "Dämmerung" oder "Wolken", sondern "Planet".

3:09 MEZ: Sommerdreieck ...

3:55 MEZ: ... und Mond gehen auf

In der Morgendämmerung läuft zum Schluß die Zeit davon ...

Die Morgendämmerung setzte schon ein, als die drei südlichen Kugelhaufen M69, M70 und M54 im Schützen endlich hoch genug standen,
um mit indirektem Sehen noch deutlich identifiziert werden zu können - auch hier hatte ich mir die genaue Position vorher eingeprägt. Bei
einem kurzen Schwenk in die Gegend von M55 konnte ich dort noch nichts erkennen, daher gings erst zu den mir noch fehlenden M15 und
M2. Mit der unaufhaltsam zunehmenden Dämmerung wurde jetzt auch der Zeitdruck drastisch spürbar. Für M2 brauchte ich länger als gewollt,
und danach blieb nur noch die in etwa parallel am Südosthorizont stehende "Achse" M73, M72, M75 und M55 übrig. Hier kam jetzt auch das
Licht des Mondes im letzten Viertel dazu, und bei sich nunmehr rapide aufhellendem Osthimmel schaffte ich noch M73, und wahrscheinlich
auch noch M72 ganz in der Nähe: In der richtigen Gegend war mit indirektem Sehen noch ein Fleckchen auszumachen, ich habe es aber nicht
mehr genau nachgeprüft - mir fehlten ja noch zwei Objekte. Der Blick zum Osthimmel zeigte jetzt aber: Für eine weitere "Starhopping"-Suche
in einem anderen Areal war keine Zeit mehr, bei der hellen Dämmerung hätte ich M75 und M55 gar nicht mehr gefunden. Es sei denn, die
Dämmerung hätte mal eine 10-Minuten-Pause eingelegt, dann vielleicht ;-)

So habe ich den Marathon etwa gegen 5:15 beendet, mit sicher 106, wahrscheinlich aber 107 Messiers. Vielleicht waren alle Mitte März bei uns
möglichen 109 Objekte drin, bei noch besserer Vorbereitung bezüglich der kritischen Morgenhimmel-Objekte. Ein sehr interessantes Erlebnis,
und bei so einem Marathon hat man ganz nebenbei einen direkten Vergleich sehr vieler Objekte, alle mit dem selben Fernrohr gesehen.

Morgendämmerung: Mein Messier-Pfad ...

Bild mit freundlicher Genehmigung von Jim Cornmell: Jim's Cosmos

... und die letzte schwierige Messier-"Achse"

Quelle: Neave Planetarium

Übrigens war Ralph nachts an mir vorbei zum hinteren Platz gefahren, sodass wir vielleicht einen Kilometer voneinander weg beobachteten,
ohne es zu wissen - mein Handy hatte gerade ein paar Probleme. Er kam morgens bei mir vorbei.

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