Zwei Beobachtungen im September


Eine Nacht an der Winterstube - Bericht von Ralph

Mit Ralph - Nacht von Donnerstag den 18., auf Freitag den 19. September 2025


Der Wetterbericht versprach gute Chancen auf gleich drei klare Nächte hintereinander, und Ralph und ich nutzten
davon die erste, um seinen 20-Zöller mal wieder in die Bayerischen Berge auszuführen. Für diese Nacht übernehme
ich den größten Teil aus dem Bericht von Ralph, wobei sich meine Ergänzungen auf die Kapitelüberschriften sowie
ein bisserl in eckige Klammern eingefügten Text beschränken. Ich gebe Ralph das Wort:

"Perfektes, warmes, superklares Wetter gibt es, das will ich nutzen, und Ben gibt den Ausschlag für die Aktion.
Gegen 20h30 sind wir an der Winterstube. Ich baue auf und dann ist es schon dunkel genug für eine erste Beobachtung."

Der Einstieg

"Als Einstieg in den Sternhimmel dient mir M27. Der Zentralstern springt ins Auge, seine präzise mittige Lage ist sehr
auffällig und beeindruckend. Dann schaue ich mir einen der äußeren Loben (Ohren) mit UHC an, und zwar den Lobus,
dessen Begrenzung schärfer durch ein bogenförmiges Filament gebildet wird. Dazu habe ich dem 12er Houdini eine 2x
Barlow gegeben. Das Bild mit Barlow ist in jeder Beziehung befriedigend, obwohl dadurch die Komakorrektur des Okulars
stark vermindert wird. Ich vermute, die Barlow zeigt selbst eine nicht spezifizierte Teilkorrektur der Koma, und dieser
Effekt wird auch in der Literatur beschrieben. So, der M27-Appetizer ist verzehrt. Ben ist unterwegs und macht Bilder
vom Sternhimmel.

Ich schaue auf M16 und sehe mit UHC sofort dunkle Strukturen darin, und ich weiß ja, dass dort die Pillars of Creation sind.
Schätze ich habe die beiden markantesten der Pillars gesehen, den kleinsten, äußeren jedoch allenfalls als eine Ausbuchtung
an der mittleren, kontraststärksten Säule." [ich hab gleich nach dem zentralen "V" der "Starqueen" geschaut, sehr deutlich !]

Klassische Sommermilchstraße

Milchstraße & tierisches Drumherum

"Die Milchstraße spannt sich im großen Bogen hell leuchtend über das Gebirge, überhaupt ist es immer wieder die Milchstraße,
die mich anzieht und fasziniert. Das Universum ist doch der schiere Wahnsinn, oder? Der dünne Ausläufer des falschen Kohlen-
sackes Gentil 3 beim Nordamerikanebel geht noch ein kleines Stück über das Sternpaar Tau und Sigma Cygni hinaus. Das ist
recht realistisch auch auf der Handyaufnahme zu sehen. So auch, dass der Kernteil des falschen nördlichen Kohlensackes viel
dunkler ist, als der nördliche Kohlensack selbst, welcher auch das Ende des großen Rifts im Schwan darstellt.

Es gibt eine starke Taubildung, so wie erwartet. Es ist aber recht angenehm mild. Im Wald sehe ich Leuchtkäfer auf dem Boden
sitzen, vielleicht sind es die Larven des kleinen oder großen Leuchtkäfers. Zumindest eine kurzer Blick mit der Taschenlampe
lässt ein etwa gut 10mm langes, dunkles, larvenartiges Wesen erkennen. Die Hirsche lassen ihr Röhren kurzzeitig hören,
echt schaurig, wenn man alleine im dunklen Wald steht."

Mit dem Feldstecher unterwegs

"Ich gehe auf die Liegematte auf dem Damm, um mit dem 10x43 Minolta ein wenig zu schauen. Das Glas profitiert enorm vom
guten Himmel, der Nordamerikanebel ist eine Wucht, stärker und leichter als im 20 Zöller sogar mit UHC. Der Dunkelschlauch
zum Kokonnebel ist scharf, schmal, und beeindruckend dunkel, eine Wucht ist das."
[Ich hab auch eine Zeitlang auf der Matte gelegen, und mit dem Feldstecher eine Reise durch die Milchstraße unternommen:
Viele vertraute offene Sternhaufen, die für ein Glas dieser Öffnung sehr gut rüber kamen - spricht für den guten Himmel :)]

"Der Sternenreichtum im Schwan ist ungeheuer. Das ist nochmals ein großer Sprung gegenüber meinen stadtnahen Plätzen.
Der Sternensporn, der von der Milchstraße in den Cepheus hineinragt und den kleinen offenen Sternhaufen NGC 7160 umgibt
sieht aus wie ein riesiger, recht reicher, sehr heller Sternhaufen mit einigen 10 Sternen. Das könnte ein Rest der alten Assoziation
Cep OB2a sein (siehe auch bei "Freunde der Nacht", und interessant ist im Zusammenhang mit Cep OB 2 die Untersuchung von
Gaia Daten im Paper Cep-OB) ... Bei IC 1396 sehe ich im 10x43 drei Strahlen aus Sternen, etwa wie das Innere eines Mercedes-
sternes, vom Zentrum ausgehend, wo der Struve Mehrfachstern sitzt, der aber bei 10x nicht aufgelöst wird. Nebulosität kann ich
im Glas nicht ausmachen, das Licht scheint mir von den Sternen dominiert. "

23:20 MESZ - Der 20-Zöller unter dem Sommerdreieck

Zurück zum 20-Zöller: Verschiedene Gasnebel ...

"Der Kokonnebel selbst ist im 20mm hervorragend zu sehen, als deutliche, große und recht runde Aufhellung, ohne größere
Details. Das wird mit dem UHC oder H-beta nicht wirklich besser ... Cep OB2 enthält auch IC 1396, Ben hat die Steuerung
des Teleskops und bringt das Objekt ins Gesichtsfeld. Mit UHC findet Ben in einer Richtung ein deutlich leuchtendes Gebiet,
in anderen Richtungen bleibt das ungewiss, ob da wirklich was ist. Kein einfaches Objekt, sondern ein lichtschwaches!

Mit Ben studiere ich ein wenig mit dem 20mm Houdini plus UHC den Golf des Nordamerikanebels, und wir können auch die
Wolkigkeit des recht deutlichen Pelikannebels erfassen. Ben stellt die Nebel um Gamma Cygni ein, beginnend mit dem sehr
auffälligen IC 1318A, und von dort aus gelangen wir zu einem wolkigen, breiten Emissionsband, welches sich quer durch das
Gesichtsfeld zieht. Hält man das erste Band am oberen Gesichtsfeldrand erscheint ein zweites, schmaleres, und besser durch-
gehendes Band am unteren Gesichtsfeldrand, welches parallel zum ersten Band verläuft. Ich denke, das habe ich bisher so
noch nicht gesehen - das könnten IC 1318B und -C sein."[Ja, das waren -B und -C, markant getrennt durch den dazwischen
liegenden Dunkelnebel - sehr schön :)]

... und Galaxien

"Ben stellt NGC 891 ein. Ich finde die Galaxie gar nicht hell. Das Dunkelband ist im 12mm gut zu sehen, beschränkt sich für
mich auf den zentraleren hellen Teil, mit höchstens einer Andeutung von größerer Ausdehnung in die schwachen Teile der
Galaxie hinein. Mit 7mm wird die Gx zu dunkel, mit 9mm sieht sie noch recht gut aus.

Am Parkplatz ist es jetzt unter der Woche sehr ruhig, und wir sind völlig ungestört. Hier draußen ist es auffällig finster, die
Landschaft drumherum entsprechend wenig gut erkennbar, was für eine gute Nacht spricht. Ben sucht noch die lichtschwache
Superthin edge-on Galaxie NGC 100, da muss ich schon genauer hinschschauen, um diese überhaupt zu finden. Kurzzeitig
sehe ich einen einigermaßen schmalen Leuchtstreifen. Das "superthin" würde ein größeres Teleskop erfordern, so bleibt die
Galaxie doch recht schemenhaft.

Ich probiere es mit M33 und dem bloßen Auge. Vielleicht sehe ich sie für vielleicht 2 bis 3 kürzeste Momente, es bleibt sehr
unsicher. Wir beenden um 1h die Beobachtung. Scho schee, wie Ben oft sagt!"[Ich steigere sogar auf ein "So schee scho" ;-)]

1:04 MESZ - Vorboten des Winterhimmels





Eine Nacht am Ostersee

Nacht von Samstag den 20., auf Sonntag den 21. September 2025

Und zwei Tage später bin ich mit dem Zug ins Voralpenland gefahren, um vom Bahnhof aus noch eine gute halbe Stunde zu Fuß zu
dem Platz am Ostersee zu wandern. Mit dabei nur ein Rucksack, vollgepackt mit dem 99mm Spektiv und allem nötigen Drumherum:
Stativ, Stativkopf, Kamera, Leichtstuhl, Proviant und Klamotten - alles zusammen wog knapp zehn Kilo. Es sollte eine entspannte Tour
durch die Milchstraße werden, nochmal einige der offenen Sternhaufen besuchen, die ich vor rund neun Jahren im Rahmen des Projekts
mit dem 120mm Refraktor sehr ausführlich unter die Lupe genommen hatte - auf acht Nächte verteilt. Auf einen Sternatlas habe ich
diesmal bewusst verzichtet, mir vorab aber die genaue Position von einigen der Haufen nochmal über den isDSA-Atlas in Erinnerung
gerufen. Mit dabei auch nur das Standard-Zoomokular - ohne Extender -, sodass ich jeweils einen Spielraum von 30- bis 70-facher
Vergrößerung zur Verfügung hatte.

Ich kam gegen halb sieben bei fast noch hochsommerlichen Temperaturen an. Und nicht überraschend tummelten sich bei dem schönen
Wetter noch zahlreiche Leute auf der weiträumigen Wiese; einige nutzten nochmal die Gelegenheit zum Schwimmen bevor am Montag
der Herbsteinbruch kommen sollte. Am längsten blieben die Freunde des Sonnenuntergangs, aber etwa mit Erscheinen der ersten Sterne
am Himmel -Wega und Arktur-, war ich allein am Platz.

Die Sonne verschwindet hinter dem Wald

Das 4-Zoll Spektiv

Eine zusätzliche Motivation fand ich in der schönen Lage des Sees mit Blick auf die Berge, das sollte doch nette Stimmungsbilder mit
der Milchstraße ergeben. Wie lange ich spechteln würde - ob wegen des letzten Abendzuges mit nur gut zwei Stunden dunklen Himmels,
oder aber gleich die ganze Nacht durch bis zum ersten Morgenzug -, wollte ich erst vor Ort entscheiden. Ich neigte zur kurzen Lösung,
hatte für alle Fälle aber genug warme Kleidung dabei, um auch bei einer ganzen Nacht draußen nicht zu frieren: Es sollte ja wohl nur
auf 10 oder 12 Grad abkühlen.

20:45 MESZ: Nördliche Krone, Bootes & Großer Wagen

21:12 MESZ: Die Milchstraße über dem Ostersee

Teil 1 der Beobachtung

Diese Überschrift wird sich im Lauf meines Berichtes noch erschließen ;-)
Bei den offenen Sternhaufen stieg ich unten im Schützen ein:

Objekt Eindrücke aus dem ersten Teil dieser Nacht
NGC 6520 tief unten, Dunkelnebel B86 nicht gesehen
M22 (Kugelhaufen) gut aufgelöst, feinste Puderzucker-Sternchen
NGC 6568 Nahe Nu Sgr; etliche Sternchen, kompakt
NGC 6645 Nördlich M25; indirekt relativ sternreich & kompakt
M18 Ein Ring aus Sternchen
NGC 6664 Nahe Alpha Scuti; locker, aber hebt sich klar ab
M26 Im Vergleich zu 6664 sehr klein & kompakt
M11 Enorm sternreich & kompakt - fantastisch !
NGC 6709 "Insekt mit zwei Augen" - sehr schön aufgelöst
Roslund 3 Nahe Gamma Sge; "Schnecke" indirekt zu erahnen, nett
NGC 6830 Drei Arme des "Kreuzes" gut zu erkennen
NGC 6834 Auffällige Sternenkette
h+chi Persei Ganz toll, was sonst ...
NGC 7789 Feinste Puderzucker-Sternchen vor nebligem Hintergrund - wunderbar
NGC 457 "Eule" gut erkennbar
NGC 663 Viele Einzelsterne, sehr schön
NGC 654 Erst wie ein Nebel, indirekt angelöst
M52 Indirekt viele Puderzucker-Sternchen, eindrucksvoll


Nachtstimmung mit Herzogstand & Heimgarten

Unterwegs hab ich noch die bekannten Gasnebel M20, M8, M17 und M16 aufgesucht - sehr schön ! Der Kohlenstoffstern
V Aql fiel als rötlicher "Blutstropfen" ins Auge, der nahe Doppelstern 15 Aql zeigte spürbaren Farbkontrast. Zudem nahm
ich die bekannten Highlights M27 und Albireo mit.

Erstmal Aufbruch ...

Meine obige Tabelle zeigt offenbar ein "Loch" im Bereich Schwan und Cepheus. Diese Sternbilder standen gegen halb elf sehr
zenitnah, und daher im Spektiv nur recht unbequem zu beobachten. Ich wollte ihr späteres Absinken aber nicht mehr abwarten,
da ich mich mittlerweile entschieden hatte, den letzten Zug zurück nach München zu nehmen: Aufkommende Müdigkeit,
die Aussicht den Schönwetter-Sonntag noch komplett nutzen zu können - also brach ich gegen zehn vor elf auf.

... aber dann kommt es anders !

Am Bahnhof dann die Anzeige, dass der Zug ausfallen würde (Notarzt-Einsatz), es stattdessen 20 Minuten später aber einen
Schienenersatzverkehr geben würde; die DB-Fahrplanauskunft auf dem Handy vermeldete dasselbe. Die Recherche ergab, dass
die SEV-Bushaltestelle gut 200 Meter entfernt lag, also bin ich dorthin rüber; ein junger Mann mit Roller wartete da schon
aus den gleichen Gründen. Als wir dort saßen, traf dann aber doch noch ein Zug in unserer Richtung ein: Aber unmöglich, den
aus der Entfernung noch zu erreichen. Es dauerte dann noch etwa zwanzig Minuten, bis die Auskunft im Internet den SEV-Bus
nicht mehr anzeigte. Mei, wir waren für die Nacht also gestrandet ! Der junge Mann hatte im Ort noch eine Schwester, wo er
bleiben konnte - ich hab ihn morgens am ersten Zug gegen 5:24 wieder getroffen.

Was tun ? Ich wollte aber weder ein Taxi nach Tutzing rufen (da gäbs noch ein späteren letzten Nachtzug nach München), noch
mir nach der schönen Beobachtung die Laune verderben lassen -ich kenne allerdings Leute im Freundeskreis, die da sehr grantig
geworden wären ;-). Ich profitiere ja sehr vom Deutschland-Ticket, und bei der Bahn läuft halt so einiges nicht rund - mei:
Also weiterspechteln !


Teil 2 der Beobachtung

Den weiten Weg zurück zum See wollte ich aber nicht mehr gehen, und nach einigem Herumschauen blieb ich schließlich nahe
den Sportplätzen an einem Mountainbike-Parcours; auf einem der Buckel stand eine Bank, das Licht der Umgebung wurde durch
zahlreiche Bäume ganz gut abgeschirmt. So kam ich ganz unfreiwillig zu weiteren fast vier Stunden Beobachtungszeit, und im
Nachhinein gewinne ich dem auch viel Positives ab. Ich hab einer gewissen Müdigkeit getrotzt, und mich nochmal zu intensiver
Beobachtung aufgerafft - und so vergeht die Zeit ohnehin am schnellsten.

Hier mein weiteres Sternhaufen-Menü:

Objekt Eindrücke aus dem zweiten Teil der Nacht
IC 1369 Indirekt definitiv "angelöst"; Dunkelnebel B361 deutlich
NGC 7062 Kompakt, indirekt etliche Sternchen
NGC 7086 Etliche Puderzucker-Sternchen, echt lohnend
M39 Sehr locker mit hellen Sternen, am besten im Feldstecher
NGC 6866 Windschirm der Kite-Surfer deutlich
NGC 6811 Mehrere Verdichtung, mittige Sternarmut deutlich
NGC 6819 Sehr sternreich & kompakt, Puderzucker-Sternchen, echt lohnend
NGC 7209 Relativ groß & locker, hebt sich aber gut ab
NGC 7243 Noch größer & lockerer als Vorobjekt
NGC 7296 Sehr kompakt, indirekt etliche Einzelsterne
NGC 7235 Aufgelöst, schön kompakt
M37 Sehr hell, sternreich & kompakt - wie M11 einfach fantastisch
M36 Hell & kompakt, sehr gut
M38 Charakterische Struktur mit "Armen" schön erkennbar, sehr gut


3:24 MESZ: Winterhimmel am Morgen

Und sonst ...

... kam der Saturn mit seiner schmalen Ringöffnung sehr eindrucksvoll rüber. Derzeit steht auch Neptun nur rund zwei Grad entfernt,
und der war sogleich an seiner hellblauen Farbe erkennbar; so einen Farbton kenne ich bei den Sternen nicht, sehr nett. Und Jupiter
zeigte sich gerade mit dreien seiner Galileischen Monde.

Und aus zwei sehr nahen Bäumen, aus meiner Perspektive gegenüber liegend, hörte ich eine Zeitlang den Ruf von drei Waldkäuzen -
zwei Männchen, ein Weibchen. So deutlich und nah habe ich das noch nie vernommen, ein tolles Naturerlebnis.

Schließlich stieg ich in den ersten Morgenzug direkt nach München, und verpennte dabei einen Teil der Strecke.
Ja, so schee scho wars - trotzdem ... ;-)


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