Eine klare Nacht im Leitzachtal

Nacht vom 21. auf den 22. Juni 2025 - mit Johannes (HF) und Ralph

Für die Nacht auf Sonntag sah die Wetterprognose sehr gut aus. So kamen Johannes, Ralph und ich überein, mal wieder
eine Nacht im Leitzachtal zu spechteln; diesmal jedoch nicht am gewohnten Platz bei Geitau, sondern an einem erhöhten
Standort zu dem wir erst aufsteigen mussten. Ansonsten fast wie gehabt: Mit der Bahn in die Gegend, vor dem Anstieg zum
Platz eine Stärkung im Gasthaus, die (kurze) Nacht durchmachen & mit dem ersten Morgenzug kurz nach fünf wieder hoam.
Nix Neues auch was die Fernrohre betrifft: Zwei Dobsons - Johannes mit dem 8-Zoll Hofheim, Ralph mit seinem Eigenbau-
6-Zöller -, und ich mit dem 99mm Spektiv.

Ralph hat dazu wieder einen schönen Bericht geschrieben. Blenden wir uns zum Anstieg ein:

"... Beschaulich geht es leicht bergan, an Waldvöglein, Knabenkraut und Wollgras vorbei. Der 6 Zöller liegt im Rucksack
etwas hart auf meiner Hüfte auf, das könnte ich zukünftig noch besser packen. Jetzt kommen wir aus dem Wald heraus und
das liebenswerte kleine Wiesental zeigt sich unvermittelt, wunderbar! Eine kleine Strecke zum Schuppen mit Bank ist noch
zu gehen.

Im Süden sind weiter einige Wolken zu sehen, ich hoffe, dass die Reiseleitung das mit dem klaren Himmel noch hinbekommt!
An der Bank werden die Röhrchen aufgebaut. Die fein abgestuften Fernrohre kommen auf den staubtrockenen Weg, das muß
fotografiert werden. Ein Vögelchen singt einen tollen, reich strukturierten Abendgesang."

"Fein abgestuft": V.l. 4-Zoll Spektiv, 8-Zoll- und 6-Zoll-Dobson

Die Nacht wurde ziemlich gut ...

... während der in unseren Breiten -rund um die Sommersonnenwende- vielleicht zweieinhalb Stunden schön dunklen Himmels !
Wir hatten alle drei unsere eigenen Beobachtungsziele, wurden aber immer wieder mal zum Gucken an den anderen Fernrohren
eingeladen - ein schöner, entspannter Austausch. Im Folgenden wechsele ich zwischen den Aufzeichnungen von Ralph und mir,
Ralph deckt dabei einige der Objekte von Johannes mit ab. Schee wars :)

[Ralph:] Sternhaufen & Planetarische Nebel

Wieder Ralph: "Es ist noch recht hell, doch an Vega sehe ich, dass es meinen Fangspiegel verstellt hat, das Gerät wird notdürftig
justiert, das macht schon etwas Stress. Ich schaue, noch in der Dämmerung, zuerst auf M57. Der Lichtvorteil für den 8" Hofheim
von Johannes gegenüber dem 6-Zöller ist groß. Es erscheint die Milchstraße, blaß vor sich hin phosphoreszierend, nicht toll, aber
besser als zuhause. Ich gehe zu M4, der schön aufgelöst wird und eine ausgeprägt längliche Zentralregion aufweist. Dann kommt
mir die Idee auch den viel schwächeren, direkt benachbarten Kugelhaufen NGC 6144 anzugehen. Ich finde diesen per Starhop
schwach diffus glimmend. Ich sehe, dass die Kugelhaufen in der 20mm Goldkante mit Antares in ein Gesichtsfeld passen und
ein Dreigestirn bilden, das gefällt mir. Weiter geht es zum kleinen, konzentriert hellen M80.

Johannes zeigt noch M5, bei dem mir auffällt, dass das Zentrum durch eine recht große, nahezu gleinmäßig helle, recht scharf
begrenzte helle Scheibe gebildet wird. Ob das eine reelle Struktur ist? Und Johannes bringt noch den Smaragdnebel NGC 6572
in Ophiuchus. Wir probieren auch das 5mm Nagler mit meiner kurzen Barlow, da der PN so klein ist.

Jetzt haben die Käuzchen mit ihren Wechselrufen begonnen, großartig. Ich schaue mir den reichen offenen Sternhaufen NGC 6605
in M24 an, und dieser ist soviel besser als bei mir daheim, wo man danach suchen muss. Was für eine Kombination mit dem groß-
artigen Sterngewimmel von M24. Die vielen schwachen Sternchen des offenen Haufens brauchen aber auch hier draußen etwas
verstärkte Aufmerksamkeit, um diese ausmachen zu können."

Bei Ben bekomme ich noch ein Doppelsternchen und einen 8m superroten Stern zu sehen, dem ich bei genauem Hinsehen erst
etwas Gelb und dann ein pastell leichtflüchtiges Rot entlocken kann. Auch zu sehen bekomme ich die offenen Sternhaufen "Hole
in a Cluster" [NGC 6811] und "The Kite" [NGC 6866], die im 99mm Spektiv fein wahrzunehmen sind, aber durch die Zenitnähe
einigen Stress im Genick erzeugen."

Unterwegs im Nordwesten des Schwans

Das ist für mich das Stichwort, um an dieser Stelle zu meiner eigenen Beobachtung mit dem Spektiv zu wechseln. Die beiden
genannten Haufen sind grob um die 7 mag hell, wobei NGC 6811 ganz aktuell sogar als Objekt des Monats Juli im Astrotreff
ausgewählt wurde. Bei NGC 6866 kann ich mir den Windschirm der Kite-Surfer vorstellen, oder auch gleich - Kite bedeutet Milan -
ausgebreitete Vogelschwingen, mit dem Schwanzgefieder auf der Ost-, und dem Schnabel auf der Westseite.

Und etwa anderthalb Grad weiter westlich sehe ich die Sternfigur eines schmales Kreuzes, das sowohl den genannten roten als auch
den doppelten Stern enthält:

AX Cygni ist ein roter Kohlenstoffstern (Spektr. Nb), der mit dem Farbindex (B-V) von 5,17 einen sogar noch "röteren" Wert als
seine bekannteren Kollegen V Aql (B-V = 4,7) oder U Cam (B-V = 4,65) aufweist. Eine Helligkeit von nur rund 8 mag ist aber für
das Erkennen von Farben mit 4" normal nicht so einfach. Die roten Überriesen in h+Chi Persei sind vergleichbar hell, da muss ich
im Spektiv aber schon genauer hinschauen, um sie im Kontrast zu ihrer Umgebung als gelb wahrzunehmen. Während AX Cygni
halt einer kleiner Blutstropfen ist, den hab ich sogleich orangerot gesehen, sehr schön !

Und das lange Ende des Kreuzes bildet der Farbkontrast-Doppelstern OSTF 393 (aus der Liste von Otto Struve):
Helligkeiten 8,1 + 9,0 mag; Abstand 19"; Spektren K0 und A0. Hier konnte ich deutlich einen Farbunterschied erkennen.

Und schließlich TYC 3149-582-1, Wikisky nennt eine Helligkeit von 10,9 mag: Da konnte ich trotz auch ziemlich "roter Werte"
(B-V = 4,3) im Spektiv keine Farben mehr sehen, - da brauchts dann mehr Öffnung.


Der kleine Planetarische Nebel IC 4593 & einige nahe Doppelsterne

Meine Motivation dazu war das Objekt des Monats Juli im Astrotreff von Christoph. Der "Interstellarum Deep Sky Atlas" hatte mir
bei der Vorbereitung verraten, dass beim Stern-Hüpfen von Gamma Serpentis hinüber zu IC 4593 noch einige Struve-Doppelsterne
(bezeichnet mit STF) am Weg liegen. Hier zwei Umgebungskarten zur Übersicht:

Umgebungskarte mit eingezeichneten roten Linien

Detailkarte mit Position von IC 4593 & den Doppelsternen

Der sehr kleine Planetarische Nebel IC 4593 erschien mir auch bei 110x noch wie ein -vielleicht etwas verwaschener- Stern.
An seiner Farbe konnte ich aber einen Hauch von türkis wahrnehmen, wie man das bei "normalen" Sternen so nicht sieht.
Zudem habe ich drei nahe Doppelsterne aus der Detailkarte eingestellt:

STF 2000 (Helligkeiten 8,4 + 9,2 mag; Abstand 2,5"): bei 110x trennbar, aber schwierig wegen fast 1 mag Helligkeitsdifferenz.
STF 2007 (Helligkeiten 6,9 + 8,4 mag; Abstand 32"): auch bei kleiner Vergrößerung einfach.
STF 2021 (Helligkeiten 7,5 + 7,7 mag; Abstand 3,2"): bei 110x problemlos, "klassisch" mit nahezu gleich hellen Komponenten.

Ein weiteres Ziel war schließlich der in der Umgebungskarte eingezeichnete (optische) Doppelstern Kappa Herculis:
Schön hell, ich konnte einen subtilen Kontrast zwischen gelborange zu orange wahrnehmen - sehr nett.
Seine Werte: Helligkeiten 5,1 + 6,2 mag; Abstand 27"; Spektren G8 + K2.

Ein Sternfeld rund 5 Grad östlich von Deneb

Außerdem habe ich in einer weiteren Milchstraßenregion des Schwans gestöbert. Dank des richtig guten Himmels konnte ich
im Spektiv auch Sterne um die 12 mag Helligkeit indirekt noch bequem ausmachen: So etwa beim Haufen IC 1369, da blitzten
ein paar feinste Puderzucker-Sternchen vor nebligem Hintergrund auf. Der im obigem Bild auffällige Farbkontrast der beiden
Sterne 20' weiter in Richtung WSW machte sich bei kleiner Vergrößerung gut; und ein halbes Grad nach Süden hob sich der
Dunkelnebel B361 sehr deutlich vom Hintergrund ab.

Stromert man von hier weiter Richtung OSO wird bald eine größeres Dunkelband erreicht. Vor dem sternarmen Feld hebt sich
ein Kreuz aus Sternen 7. und 8. Größe gut ab - siehe Ausschnitt. Und bereits jenseits der Dunkelregion zeigt sich der kompakte,
insgesamt 8,3 mag helle Sternhaufen NGC 7062 in etliche Einzelsterne aufgelöst, sehr nett.

Geht man von B361 dagegen direkt nach Süden weiter, erreicht man schließlich ein Feld hellerer Sterne, und darin eingebettet
den lockeren Sternhaufen NGC 7039; besonders indirekt zeigen sich hier eine Reihe unterschiedlich heller Einzelsterne.

Die Milchstraße über v.l. Ben, Ralph u. Johannes (Bild: Ralph Muth)

Für den restlichen Bericht gebe ich wieder Ralph das Wort:

[Ralph:] Die Milchstraße & verschiedene hellere Gasnebel

"Gegen 1h bemerke ich, wie grandios die Milchstraße leuchtet. Ich bin davon ziemlich überrascht, und Johannes und Ben sind
begeistert. Von der Aufhellung im Norden abgesehen, erscheint die Milchstraße von Leuchtkuppeln nahezu unbeeinträchtigt.
Das Milchstraßenzentrum ist inzwischen aufgegangen.

Zu dekorativ ist der östliche, und nach Norden ansteigende Horizont, der durch einige große Kiefern und durch die Berge der
Wendelsteinausläufer gebildet wird. Hier verläuft die Milchstraße sehr auffällig parallel zur Gebirgslinie. Ich mache Aufnahmen
mit der E M5, 1600 Asa, 25 s, mit 7mm UW, bei f2.8. Auch eine 10er Serie fürs Stacken wird gemacht. Das Personal der mobilen
Sternwarte muss natürlich auch festgehalten werden. Das gestaltet sich aufwendig, da die LED ein etwas zu gebündeltes Licht
ausstrahlt, und ich nicht mehr weiß, wie man den diffusen Modus einschaltet. Dann vergnüge ich mich mit dem Cirrusnebel,
und der ist mit UHC und 20mm genüßlich schön. Mir fällt auf, wie vollständig der Nebel bei 52 Cygni vom breiten Fächer
bis zum so auffällig sich verschlankenden, und dann ganz spitz auslaufenden Teil wahrzunehmen ist.

Nächstes Objekt ist der Nordamerikanebel, den man kaum auslassen darf, der zeigt sich prachtvoll kontraststark im 20mm Okular.
Johannes schaut sich so den prächtigen Golf von Mexiko an. Zeit nehme ich mir für den Trifidnebel, dessen zwei Komponenten
wunderbar im 9mm dargestellt werden. Bei genauerem Hinsehen ist auch die Dreiteilung der südlichen Komponente zu erfassen.
Johannes zeigt einen prachtvollen M17 im 8 Zöller. "

Die Milchstraße vom Schwan bis zum Schützen (Bild: Ralph Muth)

[Ralph:] Es wird wieder heller ...

"Ich werde müde, es wird auch langsam geringfügig heller durch einsetzende Dämmerung, und ich fange an zu packen. Eine rechte
Pfriemelarbeit im Dunklen, ich verliere die Fangspiegelschraube, habe aber Ersatz. Die Milchstraße hält sich noch eine gute Weile.
Gegen 4h beginnen wir langsam abzusteigen, ich bin von der Intensität der Müdigkeit sehr überrascht. Meine stabilen, trainierten
Füße wissen aber trotzdem, wie der etwas steilere Weg zu machen ist. An der Pferdewiese machen wir Pause, der Sichelmond steht
jetzt über dem Berg. Unten ist dann auch die unterhalb des Mondes stehende Venus mit dazu gekommen ...

Das Füllhorn des Universums wurde in dieser Nacht über meine Mitstreiter und mich ausgeschüttet !"

Am Morgen Mondsichel & Venus


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