Im Ammergebirge: Erst viele Wolken, später sehr guter Himmel

Nacht von Samstag, den 25., auf Sonntag, den 26. Januar 2025

Gegen Samstagmittag tendierten die Wetterberichte für die kommende Nacht in den bayerischen Alpen zu folgender
Prognose: Anfangs eher leicht bewölkt, dann ein Durchzug dichterer Bewölkung mit vielen Zirren, und das wiederum
abgelöst von einigen Stunden klaren Himmels - ehe dann, irgendwann nach Mitternacht, neue Wolken von Westen her
hereinziehen würden. Alles auch regional West-Ost zeitversetzt, und gefühlt mit einigen Unsicherheiten.
Insgesamt sah die Prognose - im Vergleich zum Alpenvorland - inneralpin besser aus, auch was die Luftfeuchtigkeit
betrifft. Und da ich den "Fünfling" eh mal wieder in die Berge ausführen wollte, sagte ich mir: Probier mas, und zwar
im Ammergebirge.

Es war ein für Ende Januar ungewöhnlich milder Föhntag. Am Stadtrand von München gegen drei Uhr nachmittags las
ich eine Temperatur von 17,5 Grad ab, und am Ende der Autobahn bei Oberau - rund eine Stunde später - waren es noch
16 Grad. Oben im Graswangtal habe ich zur Einkehr noch ein mir vertrautes Gasthaus aufgesucht, ehe ich gegen fünf Uhr
zum Spechtelplatz weitergefahren bin. Es hatte noch sehr viele Wolken.

Der 9,5-Zoll "Fünfling" ist bereit für die Nacht


Warten auf besseren Himmel

Auch nach Einbruch der Nacht blieb es erst einmal weitestgehend bewölkt. Es gab zwar immer wieder größere, sich
ständig verändernde Wolkenlöcher, aber auch in denen war es meist nicht richtig klar. Ich sah an Objekten wie etwa
den Sternhaufen M35 oder M37, dass die für fast 10-Zoll Öffnung - bei Gebirgshimmel - doch recht blass rüber kamen.
Das war ein Himmel, der bei Tageslicht auch nicht blau, sondern eher blauweiß-milchig erscheinen würde. So hab ich
schon ein paar Objekte eingestellt, aber primär darauf gehofft, dass die gute Prognose für später auch eintreffen würde.
Das im Internet überprüfen, oder telefonieren konnte ich nicht - wie gewohnt bekam ich hier kein Netz. Spricht ja für
den Platz, tiefe Pampa eben und schön dunkel.

Teils mehr, teils weniger Wolken

Wintersechseck + Mars & Jupiter

Das erinnerte mich an frühere Vor-Internet Zeiten, wo wir beim Rausfahren oftmals recht wenig über das Wetter wussten,
und vor Ort einfach schauten was passieren würde. Jetzt hatte ich aber die Voraussage vom Mittag: Es sollte irgendwann,
ob gegen zehn oder auch elf Uhr nachts, aufklaren. Ab und an war der Waldkauz zu hören, oder Autos kamen auf der schon
bisserl weiter entfernten Straße vorbei - reinleuchten konnten sie mir nicht. Ich vermisste das Hupen der Züge bei Geitau,
wo ich letztens viel beobachtet hatte, die konnten einem immer gut die Uhrzeit verraten. Und die vielen Wolken machten
mich müde, die Zeit vergeht viel langsamer als wenn man intensiv spechteln kann.

Der viele Schnee zeigte sich zwar relativ gefestigt, aber nicht genügend, um den Leichtstuhl mit seinen kleinen Beinchen
am gelegentlichen Einsinken zu hindern; so landete ich beim Beobachten auch zweimal auf dem Rücken, das war bei dem
schneeigen Untergrund aber kein Problem - noch geht das Aufrichten bei mir ganz gut ;-)

22:15 - Und dann klart es sehr schnell auf !


Der Flammennebel

Als der Himmel bald nach zehn Uhr so richtig klar wurde hatte ich es eilig: Der Orion stand zwar noch nicht viel über den
Meridian, würde von meinem Platz aus aber bald hinter dem Bergkamm verschwinden. Mein Ziel war der "Flammennebel"
NGC 2024, ein von Thomas ("Klotzi") eingebrachtes Monatsthema im Astrotreff. In einem der dortigen Beiträge hat Norman
eine tolle Zeichnung veröffentlicht.

Die ist "entstanden bei einer sehr guten Berg-Nacht mit um die 25 Prozent 'Feuchte'", mit seinem 12-Zöller. Und ich konnte
seine Details mit 9,5" im Wesentlichen auch erkennen, am besten im 11er Nagler bei 97-fach, ohne Filter, unter Herausnahme
des hellen Alnitak aus dem Gesichtsfeld. Das zeigt, wie hervorragend jetzt auch meine Durchsicht war, ich beziehe mich im
Folgenden auf Norman's Zeichnung:

Der westliche Nebelteil, zu Alnitak hin (in der Zeichnung links), erschien mir auch weniger hell und diffuser.

Wogegen die östliche Seite des "dunklen Baumstamms" die hellsten Bereiche enthält, ich konnte ihre Differenzierung in
drei Teile gut ausmachen: Der nördliche (in der Zeichnung unten) und mittlere Nebelbatzen sprangen direkt sofort ins Auge,
und mit indirektem Sehen erkannte ich dort jeweils helle, teils "scharfkantige" Details - im Nordteil sehr länglich, und im
Mittelteil kompakter, in meiner Erinnerung sehr ähnlich wie auf Norman's Zeichnung. Den dazu fast lotrecht gerichteten,
sehr länglichen südlichen Teil fand ich etwas weniger flächenhell, aber vor allem indirekt auch sehr auffällig, gerade wegen
seiner "gegen den Strich gebürsteten" Ausrichtung.

Nach den östlicheren Teilen rechts im Bild habe ich nicht geschaut, vielleicht wären sie bei mir auch gegangen.

22:32 - Jetzt mit wunderbarer Durchsicht: Der Südwesthimmel, ...


Die drei Schneebälle

Ein anderes Zeil war die Nebelgruppe der "drei Schneebälle" im nördlichen Orion, dazu gibts ein weiteres Monatsthema
von Oliver. Die hatte ich im Fünfling schon 2019 in Geigersau aufgesucht, nur wurde ich unterbrochen - ein Rückblick:

"Einer der Nebel fiel mir mit dem UHC sofort ins Auge, das müsste demnach Sh2-255 gewesen sein. Ich sehe drohende
Wolken näher kommen, und will mir das bei 97x + UHC anschauen. Leider schaff ich es nicht mehr vor den Wolken, und
Ralph bestätigt über Handy, dass die vorhergesagte große Wolkenfront gerade am Eintreffen ist. Schade, keine Zeit mehr,
nach Sh2-257 zu schauen. Ich packe ein, und warte mögliche spätere Wolkenlücken nicht mehr ab. Die Schneebälle hatte
ich von Reiners schöner Homepage inspiriert schon früher mal im 16-Zöller drin. Sh2-255 und Sh2-257 waren mit H-Beta
einfach zu erkennen, den Sh2-254 konnte damals nicht sicher ausmachen."

Soweit damals. Das habe ich nun fortgesetzt, und konnte mit UHC-Filter beide indirekt als runde Nebelchen ausmachen,
sowohl Sh2-255 als auch Sh2-257 - den großflächigen Sh2-254 mit 9,5" Öffnung wie erwartet nicht.

Bei der Gelegenheit schaute ich auch bei dem nahen "Affenkopfnebel" NGC 2174 vorbei, der schon ohne Filter - aber
noch deutlicher mit dem UHC - seine charakteristische Form zeigte.

... der Nordhimmel ...


Ein farbiger Doppelstern im Fuhrmann

Und schon bevor es richtig klar wurde hatte ich bereits den Doppelstern "Struve 644" im Fuhrmann aufgesucht, mit Albireo-
ähnlichen Farben, aber im Gegensatz zu dem mit zwei fast gleich hellen Komponenten (6,8 und 7 mag), in nur 1,6" Abstand.
Wenn dieser Stern im Fernrohr bereits länglich, aber noch nicht getrennt erscheint, erinnert er mich an die länglichen Pillen,
die aus verschiedenfarbigen Hälften bestehen - so hatte ich ihn auch schon im Spektiv bei 110-facher Vergrößerung gesehen.

Diesmal erkannte ich schon bei 97x die beiden Farben, und trennte bei 155x den Stern auch klar, mit schönem Farbkontrast -
bei letzterer Vergrößerung bekam ich aber kein ganz scharfes Bild mehr, das Seeing war heute nicht so gut, nicht untypisch
für Föhnwetterlagen.

Und sonst ...

Ein Spaziergang in der winterlichen Milchstraße: M37 jetzt prächtig hell & sternreich im Kontrast zu seiner Umgebung, die
Hintergrund-Sternhaufen NGC 2158 (bei M35) und NGC 1907 (bei M38) zeigten bei 97x + 155x viele feinste Puderzucker-
Sternchen.

Bei der großartigen Durchsicht war ich auf einige klassische Galaxien gespannt: Das helle Paar M81/M82 präsentierte sich
prächtig, bei M81 fiel das "S" der Spirale gleich ins Auge, das kenne ich von meinem alten 10-Zöller her auch nur von sehr
guten Bedingungen. Und die "Zigarre" M82 zeigte bei 155x und 225x einige Details seiner chaotischen Dunkelstrukturen,
trotz eingeschränkten Seeings. M51 stand noch recht tief, die Spiralform war zwar klar zu erkennen, noch mehr an Höhe
hätte ihr aber sicher gutgetan.

... und der Osthimmel

Mehrmals kam ein warmer, teils böiger Föhnwind auf, ich musste auf meine Sachen auf der Matte aufpassen; einmal wehte
es den nur fünf Kilo leichten Fünfling um, im weichen Schnee ist ihm aber nichts passiert.

Als gegen 0:25 von Westen wieder erste Zirren eintrafen, war das für mich das Signal zum Aufbruch, nach meiner Erinnerung
sollte es dann ja richtig kompakt zumachen. Die Temperatur war durchgehend über dem Gefrierpunkt geblieben, mein Auto
zeigte 1,5 Grad an, die Scheiben waren frei. Es ist mir in den rund sieben Stunden nie kalt geworden, obwohl ich bei den vielen
Wolken oft nur herumgesessen und auf klaren Himmel gewartet hatte. Es blieb auch durchgehend trocken, die Optiken sind
kein einziges Mal beschlagen.

Ja, für die letzten gut zwei Stunden war das ein hervorragend klarer, alpiner Himmel ! Den hab ich vor der Heimfahrt auch so
noch etwas länger betrachtet, einfach schön. Die Rückfahrt verlief dann sehr ruhig, auf der Landstraße fast kein, und auch auf
der Autobahn nur wenig Verkehr. Gegen dreiviertel Drei war ich wieder zuhause - hat sich echt gelohnt :)


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