Zweimal klarer Himmel bei Geitau

Zwei Ausflüge in den Tagen vor Neujahr - einmal mit Ralph, einmal mit Josua.

Im Zeitraum "zwischen den Jahren" gab es im Alpenvorland einen Wechsel aus freiem Himmel und Nebel, aber in welcher
Region genau es dann wie aussehen würde, war vorab nur schwer zu beurteilen. Anders dagegen inneralpin: Hier schätzten
die Wetterseiten den Himmel von vornherein viel besser ein. Und so geschah es dann auch, mit einer ganzen Reihe von fast
durchgehend klaren Nächten. Zwei Abende davon haben wir zum Beobachten genutzt, beidesmal wieder über einen Ausflug
mit der Bahn, und mit gewohnt moderatem Gepäck: Ich hatte jeweils das 99mm Spektiv dabei, die anderen je einen 6-Zöller.

Erster Abend mit Ralph

Samstag, den 28. Dezember 2024

Wir erreichten den Platz noch in der Dämmerung. Ralph schreibt: "Geschätzt so minus 4 Grad am Boden, die Moonboots und
die Daune aber halten gut warm. Der leichte Wind kommt von Süden. Der Himmel ist gut, mit leichter Aufhellung durch den
Schnee. Vermutlich von Oberaudorf her versaut eine Nachtskibeleuchtung den Osten ziemlich." Ja, das passt gut von der
Richtung her, und auch von der Info seitens des Skigebiets, dass der Nachtskibetrieb jeweils bis 21:00 läuft - denn später
wurde es im Osten deutlich dunkler.

Der Nachtski-Lichtkegel zwischen Nordost ...

... und Südhimmel (beide Bilder: Ralph Muth)

Alpines Firstlight für den "Kleinen Adler"

Ralph führte den neuen, selbstgebauten und insgesamt rund 2,8 kg schweren 6-Zoll Dobson zum ersten Mal an einen Ort jenseits
seines Gartens aus, er notiert: 'Jetzt muss ich aber die Daunenhose anziehen und den 6 er weiter zusammensetzen. Immer wieder
rutschten mir die Sachen nach hinten von der Bank herunter, lästig. Bin etwas gestresst, es könnte ja was schiefgehen. Der Aufbau
klappt, das ist immerhin der Ersteinsatz von 6" Kleiner Adler unter dunklem Himmel.'

Und sein abschließendes Fazit: 'Der 6" hat gut funktioniert, nur habe ich jetzt aufgesprungene Finger von den kleinen, kalten
Rändelschrauben, die fest angezogen werden müssen. Da muss ich was ändern. Mit der Wacklizität des Sandwich L habe ich gut
leben können. Das Seeing war eh zu schlecht für Planeten. Die Sterne haben wie wild gefunkelt, was schon dekorativ aussah.

Das Gesamtgewicht des Rucksacks war 11.3 kg, wobei man noch etwas einsparen kann. Die China Daunenhose und der Mountain
Engineering plus der Decathlon Jacke oben drüber hat gereicht. Habe Ben die super Kappe von Helmut und die Lufian Weste
testen lassen. Die Weste hätte ich nicht gebraucht an diesem Abend.'

Ralph's Beobachtungen

"Länger besucht habe ich M38, Starfish Cluster, und den kleinen Begleiter NGC 1907. Bei M38 fallen die Sternketten ins Auge.
NGC 1907 kann mit dem 14mm bei 30x in schwachen Puderzucker aus ca. 10 bis 15 Sterne aufgelöst werden, am besten geht es
mit dem linken Auge. In Bens Spektiv wirkt das kontraststärker und die Sterne sind absolut nadelscharf. Im 6" sind dann doch die
schwachen Sternchen einen Tick leichter. Sehr hübsch.

Direkt benachbart ist NGC 1931, das ist bei 30x nur eine sehr kleine, schwache, diffuse Aufhellung um ein Sternchen herum.
Das Objekt ist ähnlich zum Orionnebel, mit Sternhaufen und Emission und Reflektion, aber 10000 Lj entfernt! Ben zeigt
noch Puderzucker 7789 in Cas und einen einfachen Doppelstern. Ich schaue natürlich auch auf den Orionnebel."

Ich war im Grenzgebiet Eridanus/Stier unterwegs ...

... und wählte als Einstiegspunkt das helle Sternpaar Omikron 1 und 2 Eridani. Bei letzterem Stern ("Keid") fiel der 9,5 mag helle
Begleiter in rund 1,4' Abstand sofort ins Auge, und der ist ja was Besonderes: Der visuell am einfachsten zu sehende Weiße Zwerg
des Himmels, etwa 16 Lichtjahre entfernt. In 8" Abstand liegt noch ein weiterer 11,5 mag heller roter Zwergstern, den konnte ich
gestern aber nicht ausmachen. Und Trekkies wissen Bescheid, hier liegt zudem der Heimatplanet von Spock ;) - von denen aus
würde unsere Sonne als 3,4 mag heller Stern leuchten, im Grenzgebiet vom Herkules zum Kopf der Schlange.

Wieder mal inspiriert von dem Farbige-Doppelsterne-Katalog der "Freunde der Nacht" hab ich mich - ausgehend von Keid - ,
zu drei solchen Exemplaren hingehangelt; das mit den Sternchen bezieht sich auf die im Katalog vergebenen Bewertungen:

STF 516 und STF 422 würde ich jeweils ein Sternchen geben.

Das 99m Spektiv und der 6-Zoll Dobson (re. vorne)

v.l. Ben und Ralph an ihren Fernrohren (Bilder: Ralph Muth)

Auf dem rechten Bild zeigt mein Spektiv oben einen Aufbau: Es handelt sich um die erste Testversion eines Suchers, die in Ralph's
Werkstatt erstellt wurde; ein zurechtgeschnittenes Röhrchen als Visier, mittels einem Ring miteinander verbundener Kabelbinder
am Fernrohr befestigt. Hat in der Praxis noch nicht funktioniert, weil die Löcher zum Peilen im Dunkeln kaum zu erkennen waren -
aber mir ham was glernt ;-)

Entspannte Beobachtung & hupende Züge

Ich erlebte einen angenehm entspannten Beobachtungsabend, streifte mit meinem 4-Zöller die Milchstraße entlang, und suchte
einige der Objekte auf, die im zweiten Geitau-Bericht explizit gelistet sind. Wir machten Brotzeit, genossen den Sternhimmel
als solchen und hatten auch den einen oder anderen Ratsch.

Typischerweise ist hier abends zweimal pro Stunde das Hupen der Züge zu hören: Auf ihrer Hinfahrt aus München, und wenn sie
auf ihrem Rückweg - rund 20 Minuten später - wieder vorbeikommen. Da bekommt man ganz direkt mit, wie schnell doch die Zeit
vergeht, wenn man intensiv beim Spechteln ist. Und der vorletzte Zug zurück erinnert daran, allmählich mal ans Zusammenpacken
zu denken; es bleibt noch eine Stunde, und für einen gemütlichen Rückweg setzen wir schon eine halbe Stunde an.
Ja, der Abend hat uns beiden wieder mal gut getaugt :)


Zweiter Abend mit Josua

Montag, den 30. Dezember 2024

Und zwei Tage später ging es für mich wieder nach Geitau, diesmal aber mit Josua; der hatte ebenfalls einen 6-Zöller dabei,
auch ziemlich neu, nur nicht selber gebaut. Unterwegs zum Spechtelplatz ließen wir uns im Gasthaus erst mal ein Abendessen
schmecken.

Josua mit seinem 6-Zöller

Polregion

Viele klassische Highlights

Der Himmel wirkte ähnlich klar wie vorgestern, das Wetter hatte sich demnach gut gehalten. Es war vielleicht noch ein bisserl
feuchter, beim Hinhauchen konnte das Okular schon mal etwas beschlagen, hielt sich aber in Grenzen. Im 99mm Spektiv stellte ich
zahlreiche klassische Objekte des Herbst-/Winterhimmels ein: Vor allem helle Sternhaufen, wie M35 (plus NGC 2158), M37, M36,
M38 (plus NGC 1907 & benachbarte "Grinsekatze"), h+chi Persei, NGC 457, NGC 7789 und M52; der Farbkontrast-Doppelstern
Alamak; die Galaxien NGC 1023 und NGC 891, M81 & M82, M31 und M33; den Orionnebel M42; den weiße Zwerg von
Omikron 2 Eridani.

Den Andromedanebel M31 nahm ich etwas genauer ins Visier: Ich kenne da ein paar Sternmuster, die ich gerne zum besseren
Lokalisieren der zwei markanten Staubbänder verwende - außer sie springen ohnehin sofort ins Auge. Derart markant kamen
sie aber nicht rüber, und so habe mir ich anhand der Vordergrundsterne Teile von beiden Dunkelbändern visuell erarbeitet.
Die Sternwolke NGC 206 zeigte sich recht deutlich. Und wie schon neulich am selben Ort zeigte auch M33 zenitnah wieder
Details, den dicken südlichen Spiralarm konnte ich indirekt klar ausmachen.

Josua war bei etlichen dieser Objekte mit dabei, und da er nicht oft zum Spechteln kommt war für ihn darunter auch einiges
Neues. Umgekehrt wurde auch ich öfters mal an seinen 6-Zöller gerufen, und neben einigen Teilen aus meiner obigen
Aufzählung kredenzte er die Planeten Saturn, Jupiter und Mars - sehr nett :)

Die Schuhe haben überzeugt

Genauso wie zuletzt mit Ralph hatte ich auch jetzt die recht neuen, warmen Winterstiefel mit Filz-Innenschuh an, eine Alternative
zu den Moonboots. Das war ein Kältetest, immerhin hat Josua gegen neun Uhr -5,5 Grad gemessen. Den Test haben die Schuhe
ganz gut bestanden, wenngleich Moonboots natürlich nochmal spürbar tiefere Temperaturen aushalten - die müssten hier halt
extra zusätzlich mitgenommen werden, für längeres Gehen halte ich sie weniger geeignet. Eine Entscheidung je nach Temperatur.

Das Wintersechseck mit Mars und Jupiter, ...

... und warum dieses Bild fast nicht entstanden wäre.

Josua war um einiges dünner eingekleidet als ich, und so spürte er allmählich die Kälte. Daher peilte er für die Rückfahrt bereits den
vorletzten Zug um 21:38 an. Ich hätte noch eine Stunde länger bleiben können; es war nicht mehr wie früher, wo man sich zu mehreren
ein Bayernticket geteilt hat, wir haben beide das Deutschlandticket. Ich war mit dem bisher Gesehenen aber sehr zufrieden, und schloss
mich gerne an.

Nicht mehr weit vom Bahnhof weg gab es nochmal einen schönen Ausblick auf das gesamte Wintersechseck - plus Jupiter und Mars, -
und ich holte die Kamera für ein Stimmungsbild heraus. Am Straßenrand mit dem vielen Schnee fand ich auf die Schnelle allerdings
keine geeignete Unterlage, auch keinen passenden Stein zum Höherlegen des Objektivs. Und da der Zug bald kommen würde gab
ich es wieder auf. Und schon direkt vor dem Bahnhof merkte ich, dass ich dabei die Handschuhe liegen gelassen hatte. Hin & zurück
plus Suche im Dunkeln wäre sich zeitlich nicht mehr ausgegangen, also verabschiedeten wir uns doch schon hier: So kam es, dass ich
bis zum letzten Zug noch reichlich Zeit für das gewünschte Stimmungsbild hatte. Schee wars :)


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